Lange war die politische Landschaft in Brandenburg rot. Rot wie die SPD. Doch jetzt verschiebt sich etwas. Nicht einmal in den einst sicheren Wahlkreisen waren die per Erststimme gewählten Direktmandate für die Sozialdemokraten noch gewiss. Diese galten einst als sichere Bank für die SPD. Nun geraten die Verhältnisse in Brandenburg ins Wanken.
Die neue politische Landkarte besteht seit der Landtagswahl am 1. September vor allem aus zwei Farben: rot und blau. Die SPD musste im Vergleich zur Wahl 2014 einige Verluste hinnehmen, bleibt aber mit 26,2 Prozent stärkste Kraft. Doch das ist in vielen Gemeinden und Kommunen die AfD – und zwar deutlich. Landesweit sind es 23,5 Prozent.
In unserer interaktiven Karte können Sie alle Ergebnisse auf Gemeindeebene erkunden. Für die kreisfreien Städte und die amtsfreien Gemeinden werden die Zweitstimmen inklusive der Briefwahlstimmen angezeigt. Bei amtsangehörigen Gemeinden beziehen sich die Angaben auf das Ergebnis ohne Briefwahlstimmen, da diese nicht den einzelnen Gemeinden zugeordnet werden können. Die historischen Ergebnisse werden ohne Briefwahlstimmen angezeigt.
Im Süden des Landes hat die AfD in wenigen Jahren einen steilen Aufstieg hingelegt – die Lausitz ist Sachsen näher als der Landeshauptstadt Potsdam. In einigen Gemeinden, besonders in der Lausitz, die mit dem Kohleausstieg zu kämpfen hat und in eine ungewisse Zukunft blickt, kommt die AfD sogar auf 40 Prozent, etwa in Jänschwalde, Drachhausen. In Heinersbrück sind es sogar fast 50 Prozent.
Im Nordwesten und Westen Brandenburgs ist die SPD bislang stärkste Kraft – wobei die Abstände zu den Konkurrenten vielerorts recht dünn geworden sind. Im Berliner Speckgürtel verliert die SPD zunehmend Stimmen an die Grünen. Im wachsenden Falkensee (Landkreis Havelland) am westlichen Berliner Stadtrand etwa liegen SPD und Grüne dicht beieinander.
In Richtung Osten des Landes von der Uckermark über Frankfurt (Oder) bis nach Cottbus holt die AfD die meisten Stimmen. Die CDU erleidet Verluste und kann nur in wenigen Gemeinden triumphieren. Von der politischen Landkarte ist die CDU als führende Kraft auf Gemeindeebene nahezu verschwunden.
Die Grünen fahren ihre besten Ergebnisse im Speckgürtel von Berlin ein – von den Gemeinden im Süden Berlins nach Westen über Potsdam und das Havelland bis nach Hohen Neuendorf im Norden Berlins. Interessant sind die Ergebnisse in Lychen und in Carmzow-Wallmow in der Uckermark, liegen die Grünen bei 20 Prozent.
In der Braunkohleregion in der Lausitz liegen die Grünen abgeschlagen bei drei bis sechs Prozent. Die bisherige Regel, dass die Grünen in den Weiten des Landes schwach sind, gilt nicht mehr. Es gibt Hochburgen wie Neuruppin im Norden oder Gemeinden wie Havelaue und Breddin im Westen des Landes, in denen die Grünen auf 14 Prozent kommen. Der Absturz der Linken, die landesweit auf 10,7 Prozent abgerutscht ist, zeigt sich auch auf der politischen Landkarte. Selbst in den einstigen Hochburgen nordöstlich und östlich von Berlin schwächelt die Linke.
Ein Blick auf die Erststimmen, mit denen die Wähler die Direktmandate vergeben, bestätigt die Spaltung des Landes. Im Westen können die Direktkandidaten der SPD nahezu alle Wahlkreise für sich entscheiden. Die CDU holt lediglich zwei Direktmandate – Landesparteichef Ingo Senftleben in Oberspreewald-Lausitz im Landessüden an der Grenze zu Sachsen und die frühere Justizministerin Barbara Richstein rund um Falkensee im Havelland. In weiten Teilen des Landes im Osten holt die AfD die Direktmandate – insgesamt sind es 15.
Der blaue AfD-Gürtel zieht sich von der Uckermark über die Landkreise an der Oder und den Spreewald bis in den Südwesten. Selbst in den beiden Wahlkreisen in der Lausitz, in denen die SPD, darunter Landesparteichef Dietmar Woidke, die Direktmandate behaupten können, gaben die meisten Wähler ihre Zweitstimme den Rechtspopulisten.
1990, bei der ersten Landtagswahl nach der Wiedervereinigung, erreichte die SPD noch einen Stimmenanteil von 38 Prozent, die CDU lag bei knapp 30 Prozent, der Süden der Mark, die Prignitz im Nordwesten und ein Teil der Uckermark wählten schwarz. Ab 1994 konnte die SPD sogar allein regieren. Auch 1999 blieb die politische Landkarte rot, die SPD mit 40 Prozent stark, im Süden und Nordwesten kamen ein paar schwarze Landstriche hinzu, die CDU holte 26 Prozent der Stimmen. Von nun an regierten SPD und CDU zehn Jahre lang gemeinsam in einer rot-schwarzen Koalition.
2004 brachte einen Umbruch. Die Brandenburger PDS erstarkte – auch dank der Hartz- IV-Reformen. Als Protestpartei feierte die PDS Erfolge in weiten Teilen des Landes. Auf der Landkarte zeigte sich ein breiter Streifen von Berlin nach Osten bis zur Oder und hoch über den Barnim und die Uckermark in tiefdunklem PDS-Rot. Selbst im konservativen Süden des Landes und im Nordwesten führte die PDS in einigen Gemeinden. Sie war mit 28 Prozent der SPD dicht auf den Fersen, die auf knapp 32 Prozent kam. Die Christdemokraten verloren ihre Position als zweitstärkste Kraft. 2009 sah das Ergebnis ähnlich aus, und die Gegend im Nordosten von Berlin blieb Hochburg der Linken, die aus der PDS hervorgegangen war.
Die SPD regierte seit 2009 in einem rot-roten Regierungsbündnis. Auch 2014 konnte die SPD ihre Vormachtstellung mit etwas mehr als 30 Prozent der Stimmen halten. Doch die politische Landkarte wurde bunter. Die CDU kam auf 23 Prozent und war in einigen Regionen stärkste Kraft. Die Linke rutschte unter 20 Prozent. Die AfD kam auf zwölf Prozent, nur in wenigen Gemeinden lag sie ganz vorn.
Die historische Wahldaten stammen vom Amt für Statistik Berlin Brandenburg. Die Geodaten der Gemeinden basieren auf dem aktuellsten Datensatz des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (Stand: 01.01.2019).
Die Karte zeigt die Gemeinden in ihren derzeitigen Grenzen. Seit 1990 hat sich das Gebiet einiger Gemeinden verändert – etwa durch Eingemeindungen oder Aufteilungen. Um diese Neugliederungen aufzunehmen, haben wir die historischen Daten mit Hilfe einer Umschätzungstabelle des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung auf die aktuellen Gemeinden und Bevölkerungszahlen umgerechnet. Die Ergebnisse wurden auf Gemeinden umgerechnet, weil die abstrakten Wahlkreise – gerade in Flächenländern wie Brandenburg – wenig Menschen einen direkteren Bezug erlauben. Gemeindenamen sind im Vergleich dazu weitaus allgemeiner verständlich.
Die Kartenansicht bezieht sich ausschließlich auf die Zweitstimmen. Für eine Analyse der Erststimmen ist die Ebene der Gemeinden nicht geeignet, da die Direktkandidaten auf Wahlkreisebene gewählt werden.
Für die kreisfreien Städte und die amtsfreien Gemeinden werden die Zweitstimmen inklusive der Briefwahlstimmen angezeigt. Bei amtsangehörigen Gemeinden beziehen sich die Angaben auf das Ergebnis ohne Briefwahlstimmen, da diese nicht den einzelnen Gemeinden zugeordnet werden können. Die historischen Ergebnisse werden ohne Briefwahlstimmen angezeigt.
Die Einfärbung der Karte gibt das Wahlergebnis der Partei in der jeweiligen Gemeinde an. Lässt man sich die Karte nach einzelnen Parteien anzeigen, wurde die Skala auf das beste Ergebnis der jeweiligen Partei normiert. So lassen sich die Wahlergebnisse einer Partei zwischen den einzelnen Wahljahren gut vergleichen. Die Ergebnisse der Parteien untereinander können mit diesen Farbskalen allerdings nicht verglichen werden. Hierzu dienen die zusätzlichen Balkendiagramme rechts der Karte.
In der Gewinneransicht ist die Karte auf das beste Ergebnis über die Jahre hinweg normiert. Hier ist ein Vergleich zwischen Jahren und zwischen Parteien möglich.
Die Pop-Ups rechts zeigen die Wahlergebnisse aller Parteien an, die in der jeweiligen Gemeinde mehr als drei Prozent der Stimmen erhalten haben. Kann die Partei in der Übersicht ausgewählt werden, so erscheint sie aus Konsistenzgründen auch im Diagramm, wenn ihr Ergebnis unter fünf Prozent lag.
Für die Wahlen vor 2009 werden die Ergebnisse der PDS als Stimmen der Linken angezeigt.
Für das Wahljahr 1990 zeigt die Karte das Ergebnis der Grünen ohne Bündnis 90. Diese traten mit einer eigenen Liste an. Seit 2009 treten die Freien Wähler gemeinsam mit den Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen (BVB) an.