Es war denkbar knapp in Sachsen. Mit gerade einmal 1,3 Prozent Vorsprung wurde die CDU stärkste Kraft vor der AfD mit 30,6 Prozent. Schon in den Umfragen hatte sich ein knappes Rennen abgezeichnet. Der klare Gewinner der Wahl ist allerdings das BSW. Aus dem Stand kam die Partei Sahra Wagenknechts auf 11,8 Prozent.
Die neue Wagenknecht-Partei erhielt den höchsten Stimmenanteil von ehemaligen Linken-Wähler:innen. Etwa 73.000 Personen, die 2019 die Linke gewählt hatten, gaben diesmal ihre Stimme der neuen Wagenknecht-Partei. Auch 46.000 Nichtwähler:innen entschieden sich 2024 für das BSW. Von der CDU zog es 43.000 Stimmen ab. Von den Grünen und der SPD wanderten am wenigsten Wähler zum BSW ab.
Die CDU stellt seit der Wende den Ministerpräsidenten im Land. So knapp wie bei diesen Wahlen war es noch nie. Die Erhebung zur Wählerwanderung zeigt: Das liegt an AfD und BSW. An die AfD verloren die Christdemokraten mit rund 44.000 ähnlich viele Stimmen wie an das BSW. Neue Wähler gewann die CDU von Grünen, Linken und SPD; die meisten davon mit 31.000 Stimmen von den Grünen.
Die Grünen konnten von keiner Partei Stimmen hinzugewinnen. Selbst die Linke, die die höchsten Verluste einstecken musste (minus 5,9 Prozent), gewann immerhin etwa 3000 Stimmen von den Grünen hinzu. Auch an die SPD verloren die Grünen 21.000 Stimmen.
Die SPD verzeichnete in Sachsen nur sehr leichte Verluste – minus 0,4 Prozent. Trotzdem verlor sie rund 40.000 Wähler an BSW, CDU und AfD. Dafür konnten die Sozialdemokraten Stimmen von Linken, Nichtwähler:innen und Grünen gewinnen, die meisten davon von letzten mit 21.000 Stimmen.
Eine Regierungsbildung in Sachsen dürfte – wie in Thüringen auch – schwierig werden. Fest steht, dass für die bisherige Kenia-Koalition die Mehrheit nicht reicht. Eine Mehrheit aus CDU, BSW und SPD wäre rechnerisch möglich. Ob sie politisch gewollt ist, ist noch unklar. Blickt man auf die Wählerwanderung, wäre sie aber im Sinne vieler Wähler:innen.
Die dargestellten Werte vergleichen Wählerstimmen der aktuellen und der vorhergehenden Wahl verglichen. Die Werte sind Schätzwerte und werden von Infratest dimap berechnet.
Dennoch sind die Analysen mit Vorsicht zu genießen. ARD und Infratest dimap werden regelmäßig dafür kritisiert, dass sie Zahlen zur Wählerwanderung veröffentlichen. Die sogenannte Wählerstromanalyse ist eine komplexe Analyse, mit der Aussagen zur Mobilität von Wählerinnen und Wähler getroffen werden können. Die Ergebnisse sind deshalb relativ umstritten, weil sie auf Befragungen basieren. Es gilt jedoch als unsicher, inwiefern die Antworten der Befragten ihr tatsächliches Wahlverhalten widerspiegeln.
Die Grundlage für diese Berechnungen bilden amtliche Statistiken, repräsentative Umfragen sowie das vorläufige Endergebnis der Auszählung der Zweitstimmen am Wahlsonntag. In der Wählerwanderung werden insbesondere auch Nichtwählerinnen und -wähler berücksichtigt – sowie Veränderungen in der Wählerschaft: Zuzüge, Wegzüge, Tod und Erreichen des Wahlalters von 18 Jahren.