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Interaktive Wahlanalyse zu Thüringen

Wo die rot-rot-grüne Regierung besonders verlor

Die rot-rot-grüne Regierung hat in ganz Thüringen verloren. Ein Blick auf Wahlkarten zeigt, wo letzte Hochburgen sind – und wo die AfD besonders stark war. Eine interaktive Analyse.
Die rot-rot-grüne Regierung hat in ganz Thüringen verloren. Ein Blick auf Wahlkarten zeigt, wo letzte Hochburgen sind – und wo die AfD besonders stark war. Eine interaktive Analyse.
Erfurt
Jena
Gera
Weimar
Gotha
Eisenach
Nordhausen
Ilmenau
Suhl
Ein historischer Sieg
Zum ersten Mal wird die AfD in einem Bundesland stärkste Kraft – Thüringens politische Landkarte ist seit Sonntag blau. Die Linke, zuvor stärkste Kraft, landet abgeschlagen hinter AfD, CDU und BSW.
AfD
32,8%
CDU
23,6%
BSW
15,8%
Linke
13,1%
SPD
6,1%
Grüne
3,2%
FDP
1,1%
Sonst.
4,4%
50 Prozent AfD
In fast allen Gemeinden gewann die AfD Stimmen – am meisten in Karlsdorf. Nur in Laasdorf und Blankenburg verlor die AfD, in beiden Gemeinden aber weniger als einen Prozentpunkt.
AfD
72,1%
CDU
8,2%
Linke
6,6%
BSW
6,6%
SPD
1,6%
Sonst.
4,9%
Der Untergang der Linken
Im Kontrast dazu stehen die Ergebnisse der zuvor starken Linken – sie verliert n allen Gemeinden, am meisten in Crossen an der Elster.
AfD
48,0%
CDU
31,6%
BSW
11,4%
Linke
2,2%
SPD
1,5%
Grüne
1,0%
FDP
0,4%
Sonst.
3,9%
Die letzten Bastionen der Linken
Ihre Wähler konzentrieren sich auf die großen Gemeinden: Städte. Dort leben viele Wähler.
Aber auch die AfD wählten in Städten viele Menschen. In Erfurt und Gera erhielt die AfD sogar die meisten Stimmen.
Letzte Instanz
Die Linke hingegen landet nur noch in Jena auf Platz eins – aber nicht mehr unangefochten, sondern nur knapp vor der CDU.
Linke
21,2%
CDU
20,0%
AfD
16,2%
BSW
14,0%
Grüne
12,7%
SPD
10,7%
FDP
1,6%
Sonst.
3,7%
Grüne Hochburgen
Nur in den Städten konnten die Grünen noch nennenswert viele Stimmen sichern. Zuvor Regierungsmitglied, verpassten sie nun mit 3,2 Prozent den Einzug in das Thüringer Parlament.
AfD
32,8%
CDU
23,6%
BSW
15,8%
Linke
13,1%
SPD
6,1%
Grüne
3,2%
FDP
1,1%
Sonst.
4,4%
Regierung abgestraft
Die Verluste der dritten Regierungspartnerin, die SPD, waren in den Städten ebenfalls nicht so groß. Dennoch verliert sie im ganzen Land – besonders in Birx. Da bekamen die Sozialdemokraten null Stimmen. Dort, wo SPD und Linke verloren, legen AfD und BSW zu.
AfD
34,0%
CDU
30,9%
BSW
22,3%
Linke
4,3%
Grüne
2,1%
FDP
2,1%
Sonst.
4,3%
Flächenweit erfolgreich
Die AfD ist in den großen Thüringer Städten zwar etwas weniger erfolgreich, ansonsten verteilt sich ihr Erfolg aber auf das ganze Land.
Starker Newcomer
Ähnlich verhält es sich mit dem BSW, das in Thüringen drittstärkste Kraft wurde. Es holte in den Städten ähnlich viele Prozente wie auf dem Land.
Zweiter hinter AfD
In der Gemeinde Teichwitz gewann das BSW aus dem Stand ein Viertel der Wählerstimmen, besser schnitt nur die AfD ab.
AfD
50,0%
BSW
25,8%
CDU
19,4%
Grüne
1,6%
Linke
1,6%
Sonst.
1,6%
Heimlicher Gewinner
Auch die CDU profitierte von der Unzufriedenheit der Wähler mit dem rot-rot-grünen Regierungsbündnis und strich in der Mehrheit der Gemeinden leichte Gewinne ein. Das zeigt: In Thüringen haben sich die politischen Kräfteverhältnisse stark verändert.

Nach diesen gravierenden Veränderungen dürfte die Regierungsbildung schwierig werden. Unklar ist, welchen Einfluss das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das zum ersten Mal bei Landtagswahlen antrat, auf die Koaltionsverhandlungen hat. Klar ist aber: Das zukünftige Parlament wird anders aussehen als zuvor.

Denn CDU und AfD erreichen zusammen mehr als 60 Prozent der Sitze im Thüringer Landtag. Insgesamt schaffen es nur fünf Parteien in den Landtag. Grüne und FDP sind nicht mehr vertreten.

Mit dem Rekordergebnis von AfD und BSW – und den extrem niedrigen Ergebnissen von Grünen, FDP und SPD – sind die Optionen für eine Regierungsbildung sehr eingeschränkt. Dazu kommt, dass sich die CDU klar gegen eine Regierung mit der AfD ausgesprochen hat. Welche Koalitionen sind möglich, welche nicht?

Fest steht: Nach zehn Jahren wird Bodo Ramelow den Posten des Ministerpräsidenten räumen müssen. Dabei hatten Umfragen von Infratest Dimap gezeigt, dass die Mehrheit der Thüringer zufrieden mit der politischen Arbeit von Bodo Ramelow ist: 51 Prozent der Befragten gaben das jedenfalls an.

Allerdings scheint die Beliebtheit seiner Person nahezu völlig von der Zufriedenheit der Menschen mit seiner rot-rot-grünen Regierung entkoppelt zu sein. Die sank Infratest Dimap zufolge jedenfalls rapide – und spiegelt sich in den Wahlkarten wider.

Ramelows Herausforderer Mario Voigt von der CDU ist laut Umfragen nicht mal halb so beliebt wie der langjährige Ministerpräsident (22 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden). Dennoch wünschten sich immerhin 39 Prozent der Befragten, die CDU möge die neue Landesregierung führen. Die AfD lag bei dieser Frage nur an zweiter Stelle.

Voigt kündigte am Mittwoch erste Treffen mit SPD und BSW bereits diese Woche an. Der CDU-Spitzenkandidat sprach aber von „Optionsgesprächen“ zur Abklärung „inhaltlicher Grundlagen“ einer etwaigen Zusammenarbeit. Es handle sich nicht um Sonderierungsgespräche. Thüringer Linken-Chefin brachte außerdem eine rot-rot-rote Minderheitsregierung ins Spiel. Eine Koalition mit der AfD lehnen alle Parteien ab.

So unklar ist, wer künftig in Thüringen regieren wird, so eindeutig sind die Bedürfnisse der Thüringer aus Infratest-Dimap-Umfragen herauszulesen: Kriminalität – beziehungsweise ihre Bekämpfung – und innere Sicherheit waren für die Menschen wahlentscheidend, ebenso wie soziale Sicherheit.

Niemand mag verlieren, was er hat. Und so blicken nun alle einer höchst unsicheren Zukunft entgegen.

Das Team

Nina Breher
Produktion und Redigatur
Katja Demirci
Redigatur
Hendrik Lehmann
Konzept
Malte Kyhos
Datenaufbereitung
Ilja Sperling
Webentwicklung
David Meidinger
Datenaufbereitung und Webentwicklung
Sarah Saak
Webentwicklung
Lennart Tröbs
Design
Helena Wittlich
Datenmanagement und Text
Veröffentlicht am 5. September 2024.