Rund ein Viertel der Sitze könnten rechte Parteien nach der Europawahl am Sonntag im Parlament einnehmen. Somit ist zu erwarten, dass sie künftig vermehrt Einfluss auf die europäische Politik nehmen – und sei es nur durch Blockade von Prozessen und Entscheidungen.
Was eine erstarkende Rechte für die europäische Zukunft bedeutet und wo sich ihre Positionen unterscheiden, hat das Tagesspiegel Innovation Lab anhand von EU-Wahlprogrammen analysiert.
Aber wer sind Europas Rechte eigentlich und was wollen sie? Ein Überblick über rechte Parteien, die in ihren Heimatländern sehr erfolgreich und teilweise sogar an der Regierung beteiligt sind, oder langsam an Zuspruch gewinnen.
Die AfD wurde 2013 gegründet und ist seit der EU-Wahl 2014 im Europaparlament vertreten. Mittlerweile sitzen AfD-Abgeordnete in allen deutschen Landesparlamenten, im Bundestag ist sie aktuell fünftstärkste Kraft.
Die AfD gilt als rechtspopulistisch und in Teilen als sicher rechtsextrem. Sie war bis zu ihrem Ausschluss Mitte April 2024 Teil der ID-Fraktion im EU-Parlament.
Die Partei wurde 2004 gegründet und war lange zweitstärkste Kraft im belgischen Parlament. Die Partei ist fremden- und islamfeindlich und gegen eine stärkere europäische Integration. Sie ist im Europaparlament in der ID-Fraktion.
1995 gegründet, ist die PS aktuell zweitstärkste Kraft im finnischen Parlament.
Die rechtspopulistische Partei wünscht, dass alle Migranten Finnland verlassen und in ihre Heimatländer zurückkehren, Hilfszahlungen an überschuldete EU-Länder lehnt sie ab – ebenso wie die europäische Währungsunion. Sie ist im EU-Parlament in der EKR-Fraktion.
Das Rassemblement National entstand 2018 aus dem bereits 1972 gegründeten, rechtsextremen Front National und erhält mittlerweile viel Zuspruch in der französischen Bevölkerung.
RN fokussiert auf französische Souveränität, ist gegen Einwanderung und engagiert sich laut EU-Wahlprogramm vehement gegen Islamismus.
Nach der Parlamentswahl im Juni 2022 ist die Partei mit 89 Sitzen in der französischen Nationalversammlung vertreten. RN ist die zweitgrößte Partei in der ID-Fraktion.
Fratelli d’Italia (Fdl), Italien, gegründet 2012, gilt als rechtsextrem und postfaschistisch. Die Fdl ist fremdenfeindlich und konservativ und möchte italienische, nationale Werte auch innerhalb der EU besonders schützen. Die Parteivorsitzende Giorgia Meloni ist Ministerpräsidentin von Italien. Im Europaparlament ist die FdI Teil der EKR-Fraktion.
Lega Nord per l’indipendenza della Padania (Lega), Italien, gegründet 1989, ist eine nationalistische und rechtspopulistische Partei. Die Lega ist mehr oder weniger offen fremden- und Islamfeindlich. Bei der Europawahl 2019 erhielt sie 34 Prozent der italienischen Stimmen. Im EU-Parlament gehört sie zur Fraktion der ID.
Die als fremden- und islamfeindlich geltende PVV ist in den Niederlanden aktuell stärkste Kraft im Parlament. Ihr Chef Geert Wilders war bereits wegen Volksverhetzung angeklagt.
PVV plant ein landesweites Referendum über den Austritt aus der EU. Bei den nationalen Wahlen 2023 wurde die Partei stärkste Kraft und stellt die Regierung. Im Europaparlament ist sie Teil der ID-Fraktion, hat in der aktuellen Legislaturperiode jedoch keine Abgeordneten.
Die FPÖ wurde 1956 gegründet und ihre Abgeordneten sitzen aktuell in allen neun Landtagen sowie im Bundesrat und Nationalrat, den zwei Kammern des österreichischen Parlaments.
Die rechtspopulistische Partei ist gegen Zuwanderung und wünscht sich ein Europa souveräner Nationalstaaten. Sie war bereits fünf Mal an einer Regierung beteiligt. Auf EU-Ebene ist sie Teil der ID-Fraktion.
Von 2005 bis 2007 und 2015 bis 2023 war die PiS Teil der polnischen Regierung. Die 2001 gegründete rechtsnationale Partei ist fremdenfeindlich und setzt sich für eine restriktive Sicherung der Grenzen ein.
Polnische nationale Werte sind ihr wichtig, die mutmaßliche deutsche Dominanz in der Europäischen Union missfällt der PiS. Im Europaparlament ist sie Teil der EKR-Fraktion.
Chega! wurde 2019 gegründet, gilt als rechtspopulistisch bis rechtsextrem und ist aktuell drittstärkste Kraft im portugiesischen Parlament.
Einige ihrer Mitglieder vertreten mehr oder weniger offen rassistische Positionen. 2022 zog die Partei das erste Mal ins Parlament ein. Auf EU-Ebene ist sie Teil der ID-Fraktion.
Gegründet 1988, ist Sverigedemokraterna seit 2010 im Reichstag von Schweden vertreten. Sie selbst bezeichnen sich als nationalistisch, galten jedoch gemeinhin bis vor einigen Jahren noch als rechtsextrem.
Die Partei möchte schwedische Kultur und Identität stärken und spricht sich klar gegen Zuwanderung aus; sie ist EU-skeptisch und drohte wiederholt mit einem Austritt, dem „Swexit“. Im EU-Parlament gehören sie zur Fraktion der EKR.
Vox will vor allem eine sehr restriktive Zuwanderungspolitik und ist EU-skeptisch. Innerhalb Spaniens hat die nationalkonservative und rechtspopulistische Partei aktuell keine Mehrheit.
Die Abgeordneten der 2013 gegründeten Vox sitzen im EU-Parlament in der Fraktion der EKR.
Diese tschechische Partei wurde 2015 gegründet. Die Rechtsextremen wünschen sich ein Referendum, um über den Austritt Tschechiens aus der EU abstimmen zu lassen. Im EU-Parlament ist die SPD Teil der Fraktion ID.
Fidesz wurde 1988 gegründet und ist seit 2010 Teil der ungarischen Regierung. Die rechtspopulistische Partei betont konservative Werte und setzt sich für nationale Souveränität und Selbstbestimmung ein.
Fidesz ist für eine restriktive Einwanderungspolitik und starken Grenzschutz. Aktuell ist die Fidesz keiner Fraktion mehr angehörig, will sich nach der Wahl allerdings der EKR anschließen.