Kennen Sie die „Einfache-Verwaltung-Reform“? Es gibt sie nicht, zumindest nicht unter diesem Namen. Wir haben den populären Chatbot ChatGPT gebeten, der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) etwas zu helfen bei der Namenssuche für die kürzlich angestoßene Berliner Verwaltungsreform.
Auch den anderen beiden Berliner Spitzenkandidierenden legte der Chatbot Aussagen in den Mund. Als Franziska Giffey, Bettina Jarasch (Grüne) oder Kai Wegner (CDU) gab die Software Statements zu bestimmten Situationen ab. Sie sind den echten zum Verwechseln ähnlich.
Aber probieren Sie selbst! Manche der folgenden Aussagen kommen von den Originalen selbst, andere hat der Computer frei erfunden. Finden Sie den Unterschied?
Das waren die Beispiele dafür, wie nahe Politik und Maschine inzwischen beieinander liegen können. 18 Statements gab es. Wie viele haben Sie korrekt eingeschätzt? Alle echten Nachrichten zur Wahlwiederholung der Berlin-Wahl 2023 finden Sie auf unserer Tagesspiegel-Wahlseite.
In diesem spielerischen Experiment sollte ChatGPT die drei Berliner Spitzenkandidierenden nachahmen. Die Kandidierenden mussten dem Programm allerdings zuvor erklärt werden. Denn mit den Irrwegen der Berliner Landespolitik ist das vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI veröffentlichte Programm noch nicht vertraut, wie sich zeigte.
Also haben wir ChatGPT etwas Nachhilfe gegeben, fütterten es mit Wikipedia-Artikeln und knappen Zusammenfassungen der aktuellen Lage im Berliner Wahlkampf.
ChatGPT liegt eine Software zugrunde, die mit vielen Texten „trainiert“ wurde. Das sogenannte Training bedeutet, dass dem Programm eine riesige Menge an Text gegeben wurde. Die hat es mithilfe von sogenanntem „maschinellem Lernen“ verarbeitet. Mehr über maschinelles Lernen – und warum es streng genommen keine „Künstliche Intelligenz“ ist, obwohl es oft so genannt wird –, können Sie hier lesen.
Aber weil ChatGPT nicht mit unendlichen Mengen Text in vielen Sprachen trainiert ist, kennt es Kai Wegner offenbar nicht. Es gibt zudem weitere Einschränkungen: Das hauptsächliche „Training“ endete 2021. ChatGPTs Welt ist also die Welt von 2021. Franziska Giffey ist für ChatGPT noch Bundesfamilienministerin – und hatte ihren Doktortitel noch.
Für das Quiz haben wir dem Chatbot also auch erklärt, dass Giffey mittlerweile Regierende Bürgermeisterin von Berlin ist. Aus den Angaben und dem, was es schon zuvor an Text hatte, hat ChatGPT Aussagen konstruiert.
Dabei hat das mathematische Modell keine Vorstellung davon, was stimmt und was nicht. Es berechnet lediglich die wahrscheinlichste Antwort auf eine Frage – und zwar auf Basis aller Texte, mit denen es trainiert wurde. Oder, wie ChatGPT es selbst ausdrückt, wenn man es nach dem Wahrheitsgehalt seiner Antworten fragt: Es könne „vorkommen, dass die Informationen, auf die ich zurückgreife, nicht mehr aktuell sind oder fehlerhaft sind“.
So entsteht sozusagen die wahrscheinlichste Antwort auf eine Frage – auf Basis des Kenntnisstandes von ChatGPT. Man kann sich das vorstellen wie ein statistisch informiertes Ratespiel: Ist ein Wort der Antwort „geehrte“, ist das Wort, das mit der höchsten Wahrscheinlichkeit danach kommt, womöglich „Damen“ beziehungsweise „Damen und Herren“.
Daran könnte es liegen, dass ChatGPT oft etwas generisch und allgemein antwortet. Aber das ist ja im Berliner Wahlkampf auch der Fall, wie dieses Quiz zeigt. Und auch Kai Wegner oder Bettina Jarasch kennen längst nicht alle Menschen in Berlin.
Die Zitate der Politiker:innen und die automatischen Sätze von ChatGPT wurden teils minimal redigiert, z. B. wurde „ich denke, dass“ zu normalen Indikativ-Sätzen gemacht. So würde man zumeist auch Politiker:innen-Zitate redigieren.
Sowohl bei ChatGPT als auch bei echten Statements wurden teilweise komplette Sätze gekürzt. In Einzelfällen wurden bei ChatGPT auch Satzteile gekürzt. Bei Statements der Spitzenkandidierenden, die nur als indirekte Zitate in Medien zu finden waren, haben wir teilweise indirekte Sätze zu direkten gemacht, um ein längeres Zitat zu erhalten.
Um Bettina Jarasch und Kai Wegner zu simulieren, mussten ChatGPT erst einmal die entsprechenden Wikipedia-Artikel gefüttert werden – es kannte die zwei Lokalpolitiker:innen nicht.