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Interaktive Wahlanalyse zu Sachsen

Menschen wählen, nicht Landschaften

Ganz Sachsen wählt die AfD? Den Eindruck erwecken die Karten nach der Landtagswahl 2024. Aber das ist irreführend. Ein anderer Blick auf die Wahlergebnisse zeigt, wie sich die politische Landschaft verändert hat. Eine interaktive Analyse.
Ganz Sachsen wählt die AfD? Den Eindruck erwecken die Karten nach der Landtagswahl 2024. Aber das ist irreführend. Ein anderer Blick auf die Wahlergebnisse zeigt, wie sich die politische Landschaft verändert hat. Eine interaktive Analyse.
Leipzig
Dresden
Chemnitz
Zwickau
Plauen
Bautzen
Zittau
Hoyerswerda
Torgau
Marienberg
Blaue Landnahme
Die AfD fuhr in Sachsen Rekordergebnisse ein. Sie ist in 282 von 435 Gemeinden nun stärkste Kraft. Trotzdem liegt die CDU mit 32 Prozent der Stimmen 1,3 Prozentpunkte vor der AfD. Dabei ist die Karte größtenteils blau. Wie kann das sein?
CDU
31,9%
AfD
30,6%
BSW
11,8%
SPD
7,3%
Grüne
5,1%
Linke
4,5%
FDP
0,9%
Sonst.
7,9%
Hochburgen in den Dörfern
Viele der AfD-dominierten Gemeinden haben wenige Einwohner und sind dünn besiedelt. In Dürrhennersdorf etwa erreichte die AfD über 50 Prozent. Dort wählten aber nur 426 Menschen, 231 davon die AfD. Also erscheint die Gemeinde auf den Karten tiefblau.
Fläche wählt nicht, Menschen wählen
Betrachtet man die absolute Zahl der Stimmen, haben die sechs Gemeinden mit über 50 Prozent AfD-Anteil sehr wenige Einwohner. Sie sind klein und häufig dünn besiedelt. Ein Blick auf die Zahl der Wähler zeigt, was auf klassischen Wahlkarten schwer zu erkennen ist: dass Menschen wählen, nicht die Fläche, auf der sie wohnen.
Blaue Städte?
Den Erfolg der Rechtspopulisten relativiert das nicht. Die absolut betrachtet meisten Stimmen holte die AfD da, wo sie normalerweise unbeliebter ist: in Städten wie Leipzig und Dresden.
Schwarze Städte
Die CDU holte dort absolut dennoch weitaus mehr Stimmen. Die AfD landete in den großen Städten jeweils auf dem zweiten Platz.
Flächendeckend Zweiter
Hinzu kommt: Oft sind die Christdemokraten zweitstärkste Kraft hinter der AfD – teilweise mit weniger als einem Prozentpunkt Unterschied. Auch das beeinflusst das Gesamt-Wahlergebnis für Sachsen.
Die Zeitenwende
Dennoch zeigen diese Wahlen deutlich: Die gewohnte alte Parteienlandschaft erodiert. Die CDU, die seit der Wende den sächsischen Ministerpräsidenten stellt, verlor in den meisten Gemeinden Wähler.
Volksparteien ohne Volk
Der SPD ergeht es noch schlechter. Sie kommt nur noch auf 7,3 Prozent. Wie bei der CDU sind die Prozent-Verluste außerhalb der Städte vielerorts besonders stark.
Die rechten Profiteure
Davon profitierte besonders die AfD. Sie hat fast überall dazugewonnen. Die großen Städte aber schlagen im Vergleich zu den Wahlergebnissen von 2019 nicht deutlich nach oben aus.
Links verliert...
Größter Verlierer der Wahl ist jedoch die Linke. Sie verlor in fast allen Gemeinden. Nur in Leipzig nicht, wo sie auf dem dritten Platz landete.
... besonders an das BSW
Das populistische Bündnis Sahra Wagenknecht konnte der Linken besonders viele Stimmen abringen. Obwohl es sein erster Wahlkampf in Sachsen war, konnte das BSW im ganzen Bundesland mobilisieren ...
Stadt, Land, Sahra
... und zwar auch in den Gemeinden mit vielen Einwohnern. Mit dem BSW hat eine neue Partei die politische Landkarte betreten.
Ein gallisches Dorf: Leipzig
Nur in Leipzig ist das BSW noch schwächer als die Linke. Sowieso ist Leipzig ein Sonderfall, die AfD fuhr hier ein vergleichsweise niedriges Ergebnis ein. 18,7 Prozent wählten die Rechten - knapp 63.000 Menschen. Bloß sind das in etwa so viele wie in allen 87 Gemeinden mit mehr als 42 Prozent AfD-Anteil zusammengezählt. Ganz zu schweigen davon, dass die AfD selbst an einem der Orte, an dem sie Sachsen-weit am unbeliebtesten ist, mittlerweile auf Platz zwei landet.
CDU
26,3%
AfD
18,7%
Linke
13,2%
Grüne
12,1%
SPD
11,7%
BSW
10,3%
FDP
1,1%
Sonst.
6,5%

Das Beispiel Leipzig zeigt, wie sich die politische Landkarte in ganz Sachsen verändert hat. Selbst in der als liberal geltenden Großstadt, in der viele Studierende und Künstler leben, landen die Rechten auf dem zweiten Platz, die Grünen verloren 6,1 Prozentpunkte und liegen weit abgeschlagen hinter CDU und AfD.

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Und auch das populistisch-nationale BSW liegt mit 10,3 Prozent in Leizpig nur knapp hinter Grünen und Linken, die 12,1 beziehungsweise 13,2 Prozent der Stimmen erhielten.

Zwar zog die Wagenknecht-Partei in Sachsen die meisten Wähler von der schwächelnden Linken ab. Aber auch Wähler von CDU, AfD, SPD und Grünen gaben ihre Stimmen dem BSW.

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Das Erstarken der Populisten von BSW und AfD droht die Koalitionsbildung schwierig zu machen. traditionell demokratische Bündnisse, zum Beispiel Große Koalition, Schwarz-Grün oder Kenia, haben keine Mehrheit mehr. Die Ampel schon gar nicht.

Mit dem Rekordergebnis von AfD und BSW – und den extrem niedrigen Ergebnissen von Grünen, FDP und SPD – sind die Optionen für eine Regierungsbildung sehr eingeschränkt. Dazu kommt, dass sich die CDU außerdem klar gegen eine Regierung mit der AfD ausgesprochen hat. Rechnerisch möglich sind folgende Koalitionen.

Aber: Nur weil Koalitionen rechnerisch möglich sind, heißt es nicht, dass die politisch gewollt sind. Und umgekehrt: Nur, weil sie nicht gewollt sind, heißt das nicht unbedingt, dass es sie nicht doch geben wird. Und so erscheint kurz nach der Wahl in Sachsen alles offen, aber nichts möglich.

Das neue Parlament jedenfalls wird anders aussehen als je zuvor. Das BSW wird mit 15 Sitzen die drittstärkste Fraktion im Sächsischen Landtag. AfD und CDU haben nur noch einen Abstand von zwei Sitzen. Die FDP hat es nicht in den Landtag in Sachsen geschafft. Die Linke kam nur durch Direktmandate gerade noch ins Parlament.

Was zeigen die Karten?

Die Karten zeigen die Ergebnisse der Zweitstimmen auf Ebene der Gemeinden. Klassischerweise zeigen Wahlkarten die Gebiete der Gemeinde in der Farbe der Partei, die dort stärkste Kraft ist. Das ermöglicht einen schnellen Überblick, verzerrt aber den Blick auf die politischen Präferenzen dort. In manchen Gemeinden liegt etwa die AfD nur knapp vorne. Außerdem haben die Gebiete unterschiedlich viele Einwohner.

In Leipzig etwa wählten über 450.000 Menschen. In Rathen, der Gemeinde Sachsens mit den wenigsten Wählern, waren es nur 216. Deshalb zeigen wir die Gemeinden außerdem als Kreise, die größer sind, je mehr Menschen dort gewählt haben.

Um einen Vergleich mit den Ergebnissen von 2019 zu ermöglichen, zeigen wir außerdem die Prozentzuwächse der Parteien im Vergleich zur letzten Landtagswahl als Pyramiden. So lässt sich sehen, wo sich besonders viel verändert hat.

Das Team

Nina Breher
Text und Produktion
Malte Kyhos
Datenaufbereitung
Ilja Sperling
Webentwicklung
Hendrik Lehmann
Konzept
David Meidinger
Datenaufbereitung und Webentwicklung
Sarah Saak
Webentwicklung
Lennart Tröbs
Design
Helena Wittlich
Datenmanagement
Veröffentlicht am 2. September 2024.