Viele Deutsche kiffen. Das ist jetzt auch in der Regierung angekommen. Deshalb soll der Konsum von Cannabis legalisiert werden, um es besser kontrollieren zu können. Doch kiffen die Deutschen wirklich mehr als Menschen in anderen Ländern? Zeigt sich das in der Strafverfolgung? Wie viel Geld könnte durch die Legalisierung eingespart werden und was machen andere Länder in der Welt? Die wichtigsten Antworten dazu zeigt dieser grafische Überblick!
Cannabis ist der botanische Name der Hanfpflanze. Sie enthält mehr als 60 Cannabinoide. Den Rausch verursacht vor allem Tetrahydrocannabinol – oder kurz THC. Die Bundesregierung plant, dass Bürger*innen bis zu drei Hanfpflanzen für ihren Eigenbedarf zuhause haben dürfen. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor. Zusätzlich bleibt eine Menge von 20 bis 30 Gramm für den Eigenbedarf straffrei. Der Kauf von Cannabis soll dann in spezialisierten Läden möglich sein.
Hauptargument für die Legalisierung ist der Gesundheitsschutz. Aktuell gehe die Konsumtendenz in eine falsche Richtung, wie es von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf der Pressekonferenz hieß. Doch hat sich das Kiffen in der Bevölkerung wirklich verbreitet?
Im Vergleich zu 1990 ist die Antwort ein klares Ja. Das zeigt der „Epidemiological Survey of Substance Abuse“. Hatten 1990 etwa vier Prozent der 18- bis 59-Jährigen zum Befragungszeitpunkt innerhalb des vergangenen Jahres mal an einem Joint gezogen, waren es 2018 etwas mehr als acht Prozent.
Besonders auffällig ist die Zunahme bei Jugendlichen. Das geht aus Daten der Bundeszentrale zur gesundheitlichen Aufklärung (BZgA) hervor. Demnach hatte im Jahr 2021 die Hälfte der 18- bis 25-jährigen Erwachsenen schon einmal Cannabis probiert – ein deutlicher Anstieg in den vergangenen 20 Jahren. Erschreckend: Etwa jeder Elfte der 12- bis 17-Jährigen hat bereits Erfahrung mit Cannabis gemacht. Diese gehören zur sogenannten vulnerablen Gruppe, können also schneller Schäden durch Cannabiskonsum entwickeln.
Im Eckpunktepapier heißt es dazu: Erwachsene, die jünger als 21 sind, haben ein „erhöhte(s) Risiko für cannabisbedingte Gehirnschädigung“. Um die Jugendlichen zu schützen, soll deshalb kein Gras an unter 18-Jährige abgegeben werden. Solange man über 18, aber unter 21 ist, darf das Produkt einen bestimmten THC-Gehalt nicht übersteigen, heißt es im Eckpunktepapier.
Die Menge macht es. Zusätzlich kommt es auf Häufigkeit des Konsums an. Abhängig kann man auch von Cannabis werden. Das betrifft bis zu zehn Prozent aller Cannabiskonsument*innen, schätzen Experten. Je früher man mit dem Rauchen beginnt und je öfter man raucht, desto größer wird diese Rate. Dabei geht Cannabis vor allem auf das Gehirn. Bei Jugendlichen sind diese Schäden klar nachweisbar. Die Frage, ob Kiffen eine Psychose auslöst, ist ein Henne-Ei-Problem: Haben erste Symptome der Psychose zum Kiffen geführt oder das Kiffen zur Psychose? Auf jeden Fall sollte man mit dem Cannabiskonsum bei psychischen Vorerkrankungen wie etwa Depression oder Angststörungen vorsichtig sein, sagen Expert*innen.
In der Bundeskriminalstatistik ist der Griff zum Joint sichtbar. Die konsumnahen Delikte sind deutlich angestiegen. 2021 lag die Zahl demnach bei etwa 180.000. 2011 waren es nur etwas mehr als 100.000.
Die Legalisierung bedeutet auch, dass diese Zahlen wohl zurückgehen werden. Wie viele der 180.000 Fälle nach der möglichen neuen Gesetzgebung gar keine Straftaten mehr wären, lässt sich nicht schätzen. Doch sobald das Gesetz in Kraft tritt, sollen auch laufende Vermittlungsverfahren eingestellt werden.
Um in Deutschland legal zu kiffen, braucht man eine Verschreibung für medizinisches Gras. Das importiert Deutschland vor allem aus Kanada und Dänemark. Der Schwarzmarkt wird nach Auskunft des Bundeskriminalamtes vor allem durch den westeuropäischen Indoor-Anbau beliefert. So habe Spanien Albanien als Hauptherkunftsort verdrängt. Sollte Gras in Deutschland legalisiert werden, dürfte das legal verkaufte Gras nicht importiert werden, sondern müsste aus Deutschland stammen. Denn Cannabis-Import ist laut Eckpunktepapier nicht vorgesehen.
Eine andere Frage ist, wie der Schwarzmarkt auf eine Legalisierung reagieren wird. Im Optimalfall bedeutet die Legalisierung weniger Arbeit für Polizei und Justiz – seit jeher ein gewichtiges Argument der Legalisierungsbefürworter*innen. Bestes Beispiel ist Kanada: Lagen 2017 und damit vor der Cannabislegalisierung die Delikte in Bezug auf Handel, Produktion und Verteilung von Cannabis noch bei knapp 11.000 Fällen, fiel die Zahl nach der Legalisierung 2020 auf 122.
In einer Studie wurde versucht zu schätzen, wie viel Geld die Cannabis-Legalisierung dem deutschen Fiskus bringen würde. Allein durch eingesparte Gerichts-, Polizei- und Justizvollzugskosten ließen sich etwa 1.364.599.413 Euro einsparen. Rechnet man noch mögliche Steuereinnahmen dazu, landet man bei etwa 4,7 Milliarden Euro. Das sind grobe Schätzungen, die auf einer Vielzahl von Annahmen beruhen. Doch sie zeigen eine mögliche Größenordnung an. Nicht betrachtet wurden hingegen Mehrkosten, die etwa durch zusätzliche Gesundheitsprävention oder Behandlungen entstehen könnten.
Darüber lässt sich noch keine klare Aussage treffen. Die Herausforderung ist: Zu teures Gras hält den Schwarzmarkt am Leben, zu günstiges ermutigt zum Kiffen. Das Gras soll außerdem in Deutschland angebaut werden. In einem warmen Land wie Spanien ist der Anbau energieeffizienter und günstiger als in einem kalten Land wie Deutschland. Diese Entscheidung wirkt sich auf den Preis aus. Die Studie geht in ihrer Schätzung davon aus, dass die Produktion etwa gleich teuer sein wird wie im US-Bundesstaat Colorado. Dann ergäbe sich ein Preis von etwa vier Euro pro Gramm vor Steuern.
Weltweit erfreut sich Cannabis großer Beliebtheit, allen voran in den USA, Kanada, Jamaika, Uruguay und Israel. In diesen Ländern wird am meisten pro Person konsumiert.
Für viele Länder gibt es zwar keine belastbaren, kürzlich erhobenen Zahlen – insbesondere für Afrika und Asien. Global betrachtet ist der Konsum dem UN-Drogenreport 2022 zufolge in Nordamerika, Australien, Neuseeland und in Westafrika am höchsten.
Wenn in einem Land viel gekifft wird, heißt das nicht automatisch, dass es dort legal ist. In Neuseeland etwa haben laut UN-Drogenreport 15 Prozent aller Über-18-Jährigen im vergangenen Jahr gekifft. Verboten ist es dort trotzdem. In den USA ist es regional ganz unterschiedlich, wie auf der Karte zu sehen ist.
Bald könnte sich die Farbe Deutschlands auf dieser Karte ändern – falls Lauterbachs Eckpunktepapier in Brüssel durchkommt. Denn die EU-Kommission muss dem Legalisierungs-Plan Deutschlands noch zustimmen.