Während ein Klimabericht nach dem anderen vor fatalen Folgen der rasanten Erderwärmung warnt, tragen Länder wie Uganda schon heute die Last der Klimakrise. Langanhaltende Dürrezeiten, geflutete Städte und verschwindende Ökosysteme entziehen den Menschen ihre Lebensgrundlage.
Dabei stößt Uganda kaum CO₂ aus, gerade mal 0,1 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr. In Deutschland sind es 9,1 Tonnen. Seit 1750 stieß Deutschland 92,6 Milliarden Tonnen CO₂ aus, Uganda nur 0,1 Milliarden Tonnen. Es sind die Industrienationen, die den Klimawandel auslösen, aber es sind Länder wie Uganda, die sie zu spüren bekommen.
Besonders stark leiden darunter die Frauen, sondern weil sie aufgrund sozialer Strukturen benachteiligt sind und meist weniger Macht haben. Trotz dieser Hürden gibt es in Uganda eine wachsende Zahl vor allem junger Frauen, die gegen die fortschreitende Klimakrise kämpfen. Sie versuchen, eine bessere Zukunft möglich zu machen: Aktivistinnen von Fridays for Future, NGO-Mitarbeiterinnen, Feministinnen. Jede kämpft auf ihre eigene Art. Mit acht von ihnen haben wir gesprochen und aufgeschrieben, wofür sie sich einsetzen.
Aidah Nakku verschränkt die Arme vor dem Körper, der Blick in die Kamera ist ernst: „Ein Anstieg der globalen Temperatur führt zu einem höheren Risiko einer Frühgeburt“, steht auf einer Pappe, die sie in den Händen hält. Mit dem Porträtfoto auf Instagram will die 24-Jährige aus Kampala auf ein Problem aufmerksam machen: Die Klimakrise trifft Frauen und Mädchen besonders hart. Für Geschlechterfragen habe sie sich schon immer leidenschaftlich interessiert, sagt Aidah Nakku. Ihr Kampf gegen die Klimakrise ist auch einer gegen Diskriminierung und Gewalt an Frauen. In ihrem Heimatland Uganda ist die Gleichstellung der Geschlechter zwar seit 1995 in der Verfassung festgeschrieben. Doch die Realität sieht oft anders aus: Mädchen verlassen die Schule früher als Jungen, weil sie Aufgaben bei der Versorgung der Familie übernehmen müssen.
Laut Statistiken des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen werden 40 Prozent der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Auch die Müttersterblichkeit ist hoch: Pro 100.000 Lebendgeburten sterben 375 Frauen. Durch den Klimawandel werde die Marginalisierung von Frauen und Mädchen noch verschärft, sagt Aida Nakku. Sie verweist auf UN-Zahlen, nach denen 80 Prozent der durch den Klimawandel vertriebenen Menschen Frauen seien. Im globalen Süden seien Frauen für das Sammeln von Feuerholz und Wasser zuständig. Angesichts von Klimaveränderungen müssten sie sich stärker abmühen, an Ressourcen zu gelangen. „Dadurch sind sie auch einem höheren Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt“, sagt Nakku.
Im letzten Mai schloss sie ihr Wirtschafts-Studium ab, sie arbeitet mittlerweile als Beraterin. Als Gender- und Klimaaktivistin bei Fridays for Future ist sie in ihrer Freizeit nicht nur in den sozialen Medien unterwegs, sondern unterstützt auch Aktionen vor Ort. Gerade hilft sie dabei, Spenden einzutreiben für ein Projekt, das sich an junge Frauen und Mädchen in einem Dorf im Distrikt Kayunga richtet, das im September 2021 von Hochwasser betroffen war. Eine Gruppe von Mädchen soll nun unter anderem Nähen beigebracht bekommen, um sich später selbst versorgen zu können.
Mehr Bildung für Mädchen sei ein Hebel, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu vermindern, sagt Nakku. Die Klimaschutzinitiative Drawdown geht beispielsweise davon aus, dass so der CO₂-Ausstoß bis 2050 um bis zu 85,4 Gigatonnen reduziert werden könne. Mehr Wissen helfe Frauen außerdem, besser mit Klimaschocks klarzukommen. „Bildung ist eines der wirksamsten Instrumente gegen die Klimakrise“, sagt Nakku. „Wir müssen Mädchen stärken, damit sie bei veränderten Naturzyklen gute Verwalterinnen von Boden, Bäumen und Wasser werden.“ Außerdem will sie Frauen ermuntern, ihre Stimme zu erheben - und sofortige Klimaschutzmaßnahmen einzufordern.
Sie hatte noch Glück. Bisher. Susan Nanduddu ist Geschäftsführerin des African Center for Trade and Development, dem ACTADE. Es ist eine der wenigen ugandischen Nichtregierungsorganisationen, die noch nicht ins Visier politischer Willkür geraten sind. 2019 wurden Zehntausende NGOs gesperrt, im letzten Jahr 54 weitere. Die Gründe wirken oft vorgeschoben, meist geht es angeblich um Bürokratie. Anderen wird gar Terrorismus oder Geldwäsche unterstellt. Betroffene werten die Aktionen als Einschüchterungs- und Kontrollversuch der Zivilgesellschaft.
Sie will sich aber nicht einschüchtern lassen, sagt Nanduddu, 39 Jahre, im Videocall. Dennoch habe auch sie Angst vor einer möglichen Schließung von ACTADE. Sie arbeitet deswegen mit ugandischen Politikerinnen und Politikern zusammen. Zum Beispiel beim Klimawandelgesetz, das sie sie als Mitglied des Nationalen Beratungsausschusses für Klimawandel mitgestaltete. Die studierte Entwicklungswissenschaftlerin ist auf die Politik angewiesen für die Umsetzung ihrer Ideen.
Nanduddu vertraut darauf, auf das Gute. Dass es in Uganda, dem Land, das Platz 144 von 180 im globalen Korruptionsvergleich belegte, Politikerinnen und Politiker gibt, die sich für echte Verbesserungen einsetzen.
Aus Angst vor der harten Hand des Staates hält sich die NGO öffentlich zurück, stellt sich etwa nicht explizit gegen die geplante Ölpipeline EACOP durch Uganda. Die Ölproduktion wird von Ugandas Regierung als heilsbringende Wundermittel für die Wirtschaft des Landes verkauft. Nanduddu traut sich eine schärfere Beurteilung zu: „Das Projekt ist unverantwortlich. Uganda sollte nicht seine Umwelt aufs Spiel setzten.“ Sie riskiert viel mit solchen Aussagen. Doch die Bedrohung durch den Klimawandel sei zu Ernst, um sich aus dem Kampf zurückzuziehen, sagt Nanduddu.
Sie hat früh gelernt, aus den Fehlern anderer zu lernen. Sonst überlebt man nicht lange im Slum. Hamira Kobusingye ist in Kireka aufgewachsen, einer armen Vorstadt in Kampala, der Hauptstadt von Uganda. Überbevölkert, Häuser aus Blechdächern und eingeschränkte Abfallentsorgung oder Zugang zu Bildung. Am schlimmsten, erzählt Kobusingye heute, 26 Jahre alt, war es mit anzusehen, wie bei Überschwemmungen die mühsam angepflanzten Nahrungsmittel zerstört wurden.
Ihren Aktivismus prägt das bis heute. Denn die Menschen im Slum spüren die realen Klimawandelfolgen unmittelbar. Lange Trockenzeiten und darauffolgende plötzliche Regenfälle, zerstören die Häuser und Kleingärten der Menschen. Kobusingye sagt: „Wer im Slum aufwächst, entwickelt Fähigkeiten, um Katastrophen zu überleben“.
Sie selbst hat ihre Bildung ihrer Mutter zu verdanken. Die betreute als HIV-Beraterin Betroffene im Haus der Familie. So interessierte sich Kobusingye früh für Gesundheitsfragen. Erst später sollte ihr auffallen, dass das Thema in Uganda untrennbar auch mit dem Klimawandel zusammenhängt.
Um aus den Fehlern anderer zu lernen, recherchierte sie zu extremen Wetterereignissen in anderen afrikanischen Staaten und stieß auf die hohe Rußbelastung im Nigerdelta in Nigeria. Der giftige Ruß steht im Zusammenhang mit Bronchitis und steht im Verdacht Krebserkrankungen auszulösen. Eine Quelle für die schwarze Wolkendecke im Nigerdelta sind illegale Ölraffinieren.
Es war die Geburtsstunde ihres Klimaaktivismus. Heute demonstriert Kobusingye auf der Straße, geht in Schulen, um aufzuklären. Denn wenn Uganda mit der Ölförderung beginnt, sagt sie, dann könnte dem Land ein ähnliches Schicksaal blühen. Dass die ugandische Regierung aus den Fehlern Nigerias seine Schlüsse zieht und sowas verhindert, ist eines ihrer größten Ziele.
Im Westen von Uganda wuchs Sostine Namanya mit den realen Folgen des Klimawandels für Frauen auf. In ländlichen Regionen von Mbara, in Westuganda, sind Dürreperioden eine gefährliche Zeit für Frauen. Sie müssen immer weitere Wege zum Wassersammeln zurücklegen. Der Weg zur unverzichtbaren Lebensgrundlage setzt sie aber einem höheren Risiko für sexuelle Gewalt aus. Ist der Weg zum Brunnen länger, verzögert sich auch das Abendessen zuhause. Sostine Namanya, 35 Jahre, weiß, dass Frauen dann Opfer ihrer gewalttätigen Partner werden.
Sie ist mit der Realität aufgewachsen, wie der Klimawandel die Stellung von Frauen in patriarchalen Gesellschaften verschlechtert. Besonders auf dem Land, wo 75 Prozent der ugandischen Bevölkerung leben und mehr Frauen als Männer in der Landwirtschaft tätig sind. Namanya will ihre Situation als Genderbeauftragte bei NAPE, einer NGO für Umweltfragen, verbessern.
In einer aufgeladenen Stimmung, in dem Sicherheitspersonal sie und ihre Teammitglieder aus organisierten Klimaveranstaltungen herausholt und ihnen Aufhetzung der Gemeinden vorwirft, ist es nicht einfach voranzugehen. Auch wenn Namanya aus ihrer Wut über die Ungerechtigkeit viel Kraft für ihre Arbeit schöpft, kann der Gegenwind sie zweifeln lassen.
Nun bringt sie durch Veranstaltungen zu Klimathemen Frauen aus ländlichen Gemeinden zusammen, will ein Netzwerk aufbauen. „Die Macht der Frauen ist essenziell für einen Wandel“, sagt Namanya – aber dafür braucht sie Mitstreiterinnen.
Evelyn Acham konnte die Veränderungen spüren, bevor sie den Grund dafür kannte. In ihrem Heimatdorf im Osten Ugandas waren die Jungen dafür zuständig, sich um das Vieh zu kümmern. Die Trockenzeiten wurden länger, die Wege zur nächsten Wasserstelle weiter, es gab nur noch eine Quelle für 1000 Tiere. „Es kam zu Kämpfen um das Wasser“, erinnert sich die heute 30-Jährige bei einem Treffen in einem Hotel in Kampala. Dürren und Überschwemmungen, generell unberechenbareres Wetter - das sind die Folgen der Klimakrise in Uganda. In einem Distrikt wie Pallisa, in dem die Menschen von der Landwirtschaft leben, macht sich das besonders bemerkbar.
Evelyn Achams Familie hatte eine Bananenplantage, die das Überleben der zehn Geschwister sicherte. „Für Bananen ist es mittlerweile zu trocken“, sagt sie. Ebenso für Orangen, Mandarinen, Mangos. Die Früchte wachsen nicht mehr so wie früher. Dass diese Veränderungen etwas mit der Klimakrise zu tun haben, realisierte Acham erst später. Nach dem Studium fing sie an, sich intensiver mit den Folgen der Erderwärmung zu beschäftigen – zusammen mit ihrer Freundin Vanessa Nakate, die mittlerweile zu einer der führenden Stimmen der Klimabewegung in Afrika geworden ist. „Erst da wurde mir klar, dass das eine der größten Herausforderungen ist, mit denen Uganda konfrontiert ist.“ Mit Nakate gründete sie das Rise Up Movement - eine Bewegung, die Aktivist:innen aus Afrika eine Plattform für ihre Geschichten und Erfahrungen bietet.
Seitdem saugt Acham alle Informationen zu dem Thema auf, die sie bekommen kann. In Online-Kursen und in Workshops mit Mitstreiter:innen aus Europa, Asien, den USA und Südamerika. Sie kennt die Beschlüsse des letzten Klimagipfels in Glasgow und die zentralen Ergebnisse aus dem jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC. Gerade war sie bei einer Konferenz zum Klimawandel, in der Pause nimmt sie sich Zeit für ein Gespräch über Aktivismus, mit dem sie einen großen Teil ihrer freien Zeit verbringt. „Das ist ein lebenslanger Kampf“, sagt sie. Acham will ihn stellvertretend für diejenigen führen, die das selbst nicht können. Die Menschen, die besonders verwundbar sind, wie in ihrer Heimatregion in Pallisa.
In den Schulen werde zu wenig über den Klimawandel gesprochen, findet Acham. Vielen Menschen gehe es vor allem darum, dass es ihnen und ihren Kindern gut gehe, mehr interessiere sie nicht. Evelyn Acham will das ändern, sie will Bewusstsein für die Klimakrise schaffen. Über die sozialen Medien, in persönlichen Gesprächen – oder durch sichtbaren Protest. Der kann allerdings auch einen Preis haben. Im letzten Jahr stellte Acham sich vor das gut bewachte Parlament in Kampala. Die Stadt mit dem dichten Auto- und Motorradverkehr litt mal wieder unter Smog. Mit einem Plakat in der Hand protestierte Acham gegen die Luftverschmutzung.
Es habe nicht lange gedauert, bis mehrere Polizisten sie und ihren Mitstreiter festnahmen. Sie hätten ihnen die Handys abgenommen und gefragt, warum sie sich gegen die Regierung stellten. Gedroht, dass sie einen verschwinden lassen könnten. Eine Dreiviertelstunde später habe sie dann gehen dürfen. Solche Einschüchterungsversuche gehen nicht spurlos an ihr vorüber. Protest wird vor allem dann nicht gerne gesehen, wenn er sich Vorhaben wie den Bau der Öl-Pipeline richtet, der von der Regierung mitbetrieben wird. Eine Weile hielten sie und ihre Freundinnen sich deshalb auch in den sozialen Medien mit der Kampagne gegen das EACOP-Projekt zurück. Doch nun habe sie ihre Stärke wiedergefunden, sagt Acham. „Ich kann nicht schweigen.“
Eigentlich wäre es die Jahreszeit, in der Mais und Bohnen ausgesät werden in Uganda. Doch nicht im März 2022, erzählt Miriam Talwisa. Da ist sie gerade auf einer Konferenz mit Landwirten und Bauernverbänden in Ugandas Hauptstadt Kampala. Seit Wochen hat es in weiten Teilen des Landes kaum geregnet. Dabei müsste eigentlich gerade die Regenzeit beginnen. „Viele der Folgen des Klimawandels sieht man jetzt schon“, sagt sie.
In Uganda arbeiten fast 70 Prozent aller Menschen in der Landwirtschaft, 43 Prozent aller Lebensmittel, die Menschen in Uganda verbrauchen, stammen aus eigenem Anbau. Selbst Angestellte bauen oft zusätzlich Nahrungsmittel an, um sich trotz niedrigem Gehalt zu ernähren. Das heißt: Fällt die Ernte aus, ist das mehr als nur ein wirtschaftliches Problem. Es bedeutet plötzliche Hungersnot.
Weil das so ist, hat Mariam Talwisa beschlossen, daran zu arbeiten, wie man den Landwirten besser helfen kann, den Klimawandel aufzuhalten. Sie erarbeitet mit Landwirten, Meteorologen und lokalen Organisationen Lösungen, wie man beispielsweise durch andere Pflanzen oder bessere Planung auf das veränderte Wetter reagieren kann.
Durch lokale Community-Läden in den Gemeinden, sogenannten Farmers Agri-Met Village Advisories Clinics wird dieser Austausch ermöglicht, aber auch durch Handbücher und bessere Wetterdaten für die lokalen Gebiete von der ugandischen Meteorologie-Behörde. Es geht ihr auch darum, den Leuten vor Ort mehr zuzuhören, erzählt sie.
Bevor sie diese kleinteilige Arbeit begann, arbeitete Talwisa bei dem Climate Action Network, wo sie half, politische Leitlinien und Regeln gegen den Klimawandel zu entwickeln. „Aber oftmals hatten diese Policies viel zu wenig Informationen von den Betroffenen vor Ort“, erzählt sie. Also funktionierten viele Regeln auch nicht. Dabei hätten die Bauern vor Ort oft eigene Lösungen gefunden, die sie anderen Bauern weitergeben könnten, wenn man sie vernetzt.
Frauen hätten dabei eine Schlüsselrolle, die noch immer viel zu wenig wahrgenommen werde, sagt sie. Denn sie verrichten in den meisten Familien die meiste Arbeit auf dem Acker. Das Land in Uganda hingegen gehört zu 85 Prozent Männern, den traditionellen Familienoberhäuptern. Dadurch müssen die Frauen zwar die Arbeit machen, haben aber wenig zu sagen, was angebaut wird.
Bäume zum Beispiel, die lange brauchen, zu wachsen, dann aber meist auch sehr viele Früchte tragen, dürfen Frauen oft nicht anpflanzen, sagt sie. Denn einen Baum zu pflanzen, gilt als Besitzmarkierung des eigenen Landes. Also verbieten manche Männer es ihren Frauen. „Dabei sind es auch die Frauen, die kochen“, sagt Talwisa: „Deswegen wissen die meist viel besser, welche Pflanzen sinnvoll sind anzubauen, um die Familie zu ernähren.“ Wolle man lernen, mit dem Klimawandel zu leben, müsse man lernen, die Frauen besser einzubeziehen.
Anfang dieses Jahres ist Faith Kwagala das erste Mal geflogen. Von Uganda nach Frankreich. 6200 Kilometer. Fast eine Tonne CO2, die nur auf sie entfällt, das Zehnfache von dem, was Menschen in Uganda durchschnittlich pro Jahr ausstoßen. Genau die Art von Emissionen, die sie eigentlich verhindern will. Aber dieser Flug war ihr wichtig. Kwagala war eingeladen in die Stadt Grenoble, am Fuße der Alpen. Es ging um die Eröffnungsfeier der Umwelthauptstadt 2022, aber vor allem darum, sich mit weiteren internationalen Klimaaktivistinnen und Aktivisten zu vernetzen. Auch den Bürgermeister sollte sie sprechen. „Ein Privileg“, wie sie sagt.
Denn es bedeutete nichts anderes, als dass endlich die Sorgen derer, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind, gehört werden, von jenen, die am meisten dafür verantwortlich sind. Von Angesicht zu Angesicht.
Kwagala ist Aktivistin beim Rise Up Movement, einer Bewegung, die Aktivist:innen aus Afrika eine Plattform für ihre Geschichten und Erfahrungen bietet.. Während in Deutschland selbst Schülerinnen und Schüler für Fridays for Future oder Extinction Rebellion auf die Straße gehen, ist das in Uganda nicht so einfach. Zu groß ist ihre Angst, verhaftet zu werden, wie es ihren Mitstreitenden schon passiert ist. Gerade wird in Uganda einer der längsten Pipelines weltweit geplant und gebaut. Die East African Crude Oil Pipeline. Aus Sicherheitsgründen macht Kwagala dagegen in Uganda nur mit Bildern, Hashtags und Videos mobil. Aber in Frankreich sah sie nun ihre Chance. Und schloss sich einem echten Protest vor einer Total-Tankstelle an.
Die mediale Aufmerksamkeit war groß, sie hofft, dass ihre Reise so helfen konnte, das Projekt noch zu stoppen. Die Verantwortlichen steckten noch in der Vergangenheit fest, sagt Kwagala. Die Zukunft Ugandas könne die Pipeline nicht retten, im Gegenteil. Der Klimawandel ist schon heute eine der größten Bedrohungen für das Land. Kwagala pflanzt deshalb Obstbäume in ihrem Heimatland. Denn 40 Prozent der Menschen betrieben Landwirtschaft, um sich selbst davon zu ernähren. Obstbäume wie Mango, Jackfruit oder Avocado haben dabei nicht nur den Vorteil, dass sie viele Menschen ernähren, sondern sie absorbieren auch noch viel CO₂. Sie erklärt in Kursen, wie sich Treibhausemissionen verringern lassen. „Wenn wir am Ende nichts tun, wird uns das alles kosten“, davon ist sie überzeugt.
Fliegen würde Kwagala trotzdem wieder. Für den richtigen Zweck. Sie will gehört werden. Stellvertretend für noch viel kleinere Stimmen.
Diana Nabiruma wollte sich eigentlich nur darüber informieren, welche Folgen die Ölförderung in Uganda für die Umwelt haben könnte, als sie sich umgeben von Waffen in Nigeria wiederfand.
Zu wenig fühlte Nabiruma sich durch die ugandische Regierung über Gefahren durch Ölverschmutzung informiert, als die ugandische Regierung Lizenzen zur Ölförderung verteilte. Um sich selbst ein Bild über die Umweltfolgen zu machen, fuhr sie im August 2019 nach Nigeria – laut BBC „die Hauptstadt der Ölverschmutzung“. Die Kommunikationsexpertin für das Africa Institute for Energy Governance, das durch politische Forschung und Lobbyarbeit Energiepolitik beeinflussen will, besuchte Ölfelder im Nigerdelta.
Als bewaffnete Männer zur ihr in den Bus stiegen, war sie fest davon überzeugt, entführt zu werden, erzählt sie im Videotelefonat. Dabei sollten die Waffen sie vor einer Entführung schützen. Denn es kommt vor, dass in der Nähe der Ölfelder Besucher von Einwohnern der Umgebung als Geiseln genommen werden. Die Ölförderung hat die Region so verschmutzt, dass ganze Gemeinden nicht mehr von ihrer landwirtschaftlichen Arbeit leben können. Ernten fallen aus, in Gewässern schwimmen keine Fische mehr. Einige werden dann kriminell und sichern ihren Lebensunterhalt durch Lösegeld. Für Nabiruma ist ihre Erfahrung im Bus - und die Umweltzerstörung in Nigeria - ein Vorbote dessen, was ugandischen Gemeinden drohen könnte beim Bau der Ölpipeline EACOP.
Dass die Menschen in die Kriminalität abrutschten, dafür habe sie Verständnis, sagt Nabiruma. Sie versteht, wenn die Einwohner keine andere Möglichkeit gesehen haben, als ihre Lebensgrundlage wegbrach. Schließlich wolle jeder einfach ein gutes Leben in Gesundheit führen. Aber das hält Nabiruma für utopisch, wenn Umwelt und Natur so verdreckt sind.