Nur 1,7 Prozentpunkte Vorsprung vor der AfD: Die SPD mag zwar die Wahl in Brandenburg gewonnen haben. Aber sie ist längst nicht mehr unangefochten. Die Rechtspopulisten von der AfD landeten lediglich knapp hinter den Sozialdemokraten.
Den meisten Zugewinn aber erzielte das neue Bündnis Sahra Wagenknecht. Die Partei gewann mit 13,5 Prozent der Zweistimmen mehr Wähler hinzu als SPD und AfD zusammen (plus 4,7 beziehungsweise 5,7 Prozentpunkte).
Woher kamen die Stimmen für das BSW? Schätzungsweise 44.000 Personen, die 2019 die Linke gewählt hatten, machten ihr Kreuz diesmal bei der Wagenknecht-Partei. Auch von der SPD warb die Partei 26.000 Wähler ab. Zudem mobilisierte sie 41.000 Nichtwähler.
Sowieso war die Wahlbeteiligung mit 72,9 Prozent um ganze 11,6 Prozentpunkte höher als 2019 (61,3 Prozent). Die Brandenburger Landtagswahl hat also viele Nichtwähler mobilisiert.
Auch die AfD konnte 79.000 Nichtwählerstimmen erlangen. Die zweitmeisten Stimmen erhielt sie von vormaligen Wählern der CDU: 21.000 Stimmen. Am seltensten wanderten Wähler von Grünen und Linken zur AfD ab.
Während vormalige Linken-Wähler besonders häufig zum BSW abwanderten, zog es Grünen-Wähler am ehesten zur SPD: 47.000 Stimmen zogen die Sozialdemokraten von den Grünen ab.
Aber die SPD verlor Wähler - den dimap-Umfragen zufolge an die Populisten. Rund 13.000 wanderten zur AfD ab, 23.000 zum BSW. Das Wahlforschungsinstitut nutzt Nachwahlbefragungen, das Wahlergebnis sowie weitere Statistiken, um die Wählerwanderung zu schätzen.
Die erstarkenden Populisten dürften die Koalitionsbildung erschweren. Denn nach aktuellem Stand wird der neue Landtag aus nur vier Parteien bestehen: SPD, CDU, BSW und AfD. Viele Optionen gibt es also nicht.
Ein Bündnis mit der AfD haben sowohl die SPD als auch die CDU ausgeschlossen. SPD und CDU kommen aber laut Hochrechnung gemeinsam nur auf 50 Prozent der Sitze (Stand 22. September, 23:45 Uhr); SPD und BSW würden leicht mehr erreichen.
Eine Dreier-Koalition aus SPD, CDU und BSW hingegen würde auf 66 Prozent der Sitze kommen – eine deutlich bequemere Mehrheit also. Aber zu welchem Preis? Die Koalitionsverhandlungen werden sich wahrscheinlich schwierig gestalten.
Die dargestellten Werte vergleichen Wählerstimmen der aktuellen und der vorhergehenden Wahl verglichen. Die Werte sind Schätzwerte und werden von Infratest dimap berechnet.
Dennoch sind die Analysen mit Vorsicht zu genießen. ARD und Infratest dimap werden regelmäßig dafür kritisiert, dass sie Zahlen zur Wählerwanderung veröffentlichen. Die sogenannte Wählerstromanalyse ist eine komplexe Analyse, mit der Aussagen zur Mobilität von Wählerinnen und Wähler getroffen werden können. Die Ergebnisse sind deshalb relativ umstritten, weil sie auf Befragungen basieren. Es gilt jedoch als unsicher, inwiefern die Antworten der Befragten ihr tatsächliches Wahlverhalten widerspiegeln.
Die Grundlage für diese Berechnungen bilden amtliche Statistiken, repräsentative Umfragen sowie das vorläufige Endergebnis der Auszählung der Zweitstimmen am Wahlsonntag. In der Wählerwanderung werden insbesondere auch Nichtwählerinnen und -wähler berücksichtigt – sowie Veränderungen in der Wählerschaft: Zuzüge, Wegzüge, Tod und Erreichen des Wahlalters von 18 Jahren.