Lesen Sie HIER DIE AKTUALISIERTE VERSION DES TEXTES mit neuen Daten.
Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon 237 Tage. Dass sie sich nach über sieben Monaten Krieg trotzdem noch verteidigen kann, liegt vor allem auch an der massiven internationalen Unterstützung. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel sammelt die verschiedenen zugesagten und geleisteten Hilfen in einer Datenbank. Eine neue Analyse der Daten zeigt, wer die Ukraine auch nach mehr als sieben Monaten Krieg weiter unterstützt und welche Länder ihre Versprechen einhalten. Denn das hat sich in den vergangenen zwei Monaten stark geändert.
Diese Unterstützungen wurden in August und September zugesagt:
Besonders die USA hat in den vergangenen zwei Monaten ihre Unterstützung für die Ukraine deutlich ausgeweitet. Aus europäischen Ländern kamen nur wenige neue Zusagen. Während die europäischen Länder und die EU-Institutionen bisher rund 29 Milliarden Euro an Hilfen zugesagt haben, sind es aus denn USA gut 52 Milliarden Euro – fast doppelt so viel.
Die USA ist allerdings ein wesentlich wirtschaftsstärkeres Land mit höherem Bruttoinlandsprodukt als die europäischen Länder. Blickt man auf die Hilfen im Vergleich zum BIP, liegen kleinere europäische Länder vorne. Die USA landet auf Platz 8, Deutschland auf Platz 18.
Gerade in den Sommermonaten gab es wenige neue Zusagen. Die folgende Grafik gibt einen Überblick, in welchem Monat neue Hilfen versprochen wurden.
Dass im Juli und August weniger neue Unterstützungszahlungen zugesagt wurden, könnte mit der Sommerpause der Parlamente zusammenhängen. Die angegebenen Beträge beziehen sich auf den Zeitpunkt der Ankündigung. So kann es sein, dass etwa über Teile des versprochenen Budgets erst später verfügt wird.
Bis die Hilfen bei den Menschen in der Ukraine ankommen, vergeht anschließend unterschiedlich viel Zeit. Wie lange es genau dauert, ist schwer nachzuvollziehen, da es sich um zahlreiche Einzelversprechen handelt.
Insgesamt wurden der Ukraine rund 94 Milliarden an Hilfen zugesagt. Davon ist der Großteil militärisch – 41,3 Milliarden Euro, egal ob Waffen, Beratung, Training oder Munition. in den vergangenen zwei Monaten wurden vor allem finanzielle Hilfen zugesagt. Die humanitären Hilfen machen nur 14,3 Milliarden aus, das sind 15,3 Prozent.
Unter finanzielle Unterstützung fallen auch bilaterale Haushaltshilfen, also finanzielle Unterstützungen für den ukrainischen Staatshaushalt. Für die gibt es eine genauere Auswertung.
Insgesamt wurden bislang 47 Prozent der Haushaltshilfen tatsächlich ausgezahlt. Aus der EU kommen die Unterstützungen zum Teil nur verzögert an. Bei den Waffenlieferungen sieht es schlechter aus.
Von den militärischen Sachhilfen im Wert von 23,34 Milliarden Euro, die bislang versprochen wurden, ist erst gut ein Drittel in der Ukraine angekommen. Das hat sich in den vergangenen zwei Monaten kaum verändert.
Das IFW Kiel weist allerdings darauf hin, dass die Summe der bereits gelieferten Waffen und militärischen Unterstützungen schwer zu erfassen ist und wahrscheinlich eher unterschätzt wird.
In den vergangenen zwei Monaten hat die Ukraine 78 gepanzerte Fahrzeuge geliefert bekommen. Aber auch sechs Haubitzen und drei Mehrfachraketenwerfer kamen dazu. Panzer wurden keine neuen geliefert. Die USA haben in den vergangenen zwei Monaten knapp 300 weitere gepanzerte Fahrzeuge versprochen sowie 14 Mehrfachraketenwerfer.
Die folgende Auflistung zeigt, welche Waffen bisher insgesamt seit Februar zugesagt und geliefert wurden. Im Vergleich dazu wird die Anzahl gezeigt, die von der Ukraine als ihrer Meinung nach notwendige Menge gefordert wurde. Zur Einordnung zeigt die Liste außerdem die bekannte Menge der jeweiligen Waffensysteme in Russland und der Ukraine vor Kriegsbeginn.
Je nach Militärausstattung, politischer Position und der nationalen Rüstungsindustrie kommen die direkten Waffenlieferungen aus unterschiedlichen Ländern.
Nicht nur bei militärischer Unterstützung an die Ukraine leisten die USA den größten Teil, auch bei den bilateralen humanitären Hilfen zahlen sie am meisten. Deutschland landet auf Platz zwei, Österreich auf Platz drei.
Aus den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich kommt der Großteil der Hilfen in Form von Waffen, Munition und anderen militärischen Hilfen. Zählt man die Unterstützungsleistungen der EU-Staaten und der EU-Institutionen zusammen, fällt auf, dass lediglich 29 Prozent der Hilfen militärischer Art sind.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Viele EU-Staaten sind wesentlich vorsichtiger mit direkter militärischer Unterstützung, weil sie engere Beziehungen zu Russland haben. Andere fürchten, Russland könnte Waffenlieferungen als direkte Einmischung in den Krieg wahrnehmen.
Ein weiterer Grund ist jedoch die Struktur der Europäischen Union. Da es in vielen Bereichen keine klare gemeinsame Sicherheitspolitik gibt, leisten die EU-Institutionen vor allem finanzielle Unterstützung. Die militärische Unterstützung wird in zahlreichen Einzelverhandlungen bilateral zwischen EU-Staaten und der Ukraine verhandelt.
Von den EU-Institutionen kommt vor allem finanzielle Unterstützung. Zu 98 Prozent sind das Kredite für die Ukraine. Die bilateralen Finanzhilfen der Länder bestehen zu zwei Drittel aus Zuschüssen und nur zu 25 Prozent aus Krediten. Gesamt betrachtet machen so Kredite und Zuschüsse den überwiegenden Teil der Finanzhilfen aus.
Die Mehrheit der Hilfszahlungen sind keine Geschenke, wie sich das vielleicht viele vorstellen, sondern Kredite. Davon nimmt die Ukraine derzeit überall welche auf und muss das Geld irgendwann wieder zurückzahlen. Und die Unterstützer wie Deutschland, die USA oder die EU leihen sich dieses Geld wiederum an den Kapitalmärkten. Sie bürgen also eher, als dass sie das Geld ausgeben, zum Teil auch direkt in Form von Garantien.
Bereichern tun sich die Kreditgeber dabei aber nicht unbedingt. So übernimmt etwa die EU Zinszahlungen auf die Kredite, und legt Anteile des verliehenen Geldes in ihrem Haushalt zurück - für den Fall, dass die Ukraine nicht zurückzahlen kann. Darüber hinaus gibt es Unterstützung durch Swap-Vereinbarungen: Dies sind Verträge zwischen Zentralbanken, die der Ukraine den Zugriff auf Fremdwährungen sicherstellen sollen.
Neben staatlichen Krediten sammelt die ukrainische Regierung dadurch Geld, dass sie Staatsanleihen vergibt, sich also Geld von ihrer eigenen Bevölkerung oder Investoren leiht. Mit bis zu elf Prozent Zinsen sind diese riskanten Kredite lukrativ für Anleger. Das heißt auch, dass die Ukraine sich extrem hoch verschuldet – auch hier könnte das Land unter Umständen in Zukunft weitere Unterstützung brauchen.
Die aktuellen Zahlen zeigen, wie langsam zugesagte Gelder in der Ukraine ankommen. Seit Anfang Oktober haben einige Länder schon neue Zusagen gemacht. So sicherte Saudi-Arabien der Ukraine 400 Millionen Dollar Hilfsgelder zu. Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen mehr Munition und Militärfahrzeuge im Wert von 725 Millionen Dollar liefern. Sie werden wohl auf absehbare Zeit die größten Unterstützer der Ukraine bleiben.
Die Daten stammen aus dem Ukraine Support Tracker des IfW Kiel.
Das Projekt sammelt die Unterstützungsleistungen von 40 Ländern, sowie den EU-Institutionen. Berücksichtigt werden nur Leistungen der jeweiligen Regierungen, die direkt an die ukrainische Regierung gehen.
Damit sind private Spenden genauso wenig enthalten, wie beispielsweise Ausgaben der Regierungen für die Unterbringung Geflüchteter im eigenen Land.
Die Daten umfassen den Zeitraum vom 24.1. bis zum 3.10., und wurden zuletzt am 11.10. veröffentlicht. Das Paper zu dieser 5. Version findet sich hier. Die neuen Daten des Ukraine Support Tracker lassen sich dort herunterladen.