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Ist thailändische Küche in Deutschland schlecht fürs Klima?

Daeng Khamlao kocht in ihrem Restaurant Gerichte ihrer Heimat. Doch angesichts des Klimawandels fragt sie sich: Wie klimaschädlich sind importierte Zutaten? Und welchen Platz haben eigentlich Migrantinnen in der Debatte? Die Serie Papaya & Pommes sucht nach Antworten.
Daeng Khamlao kocht in ihrem Restaurant Gerichte ihrer Heimat. Doch angesichts des Klimawandels fragt sie sich: Wie klimaschädlich sind importierte Zutaten? Und welchen Platz haben eigentlich Migrantinnen in der Debatte? Die Serie Papaya & Pommes sucht nach Antworten.
Schaue dir hier Folge 1 an!

Daeng Khamlao hat zwei süße Hunde, einen skatenden Sohn und irgendwann keine Lust mehr auf ihren Job in der Modeindustrie. Seit 2016 hat sie deshalb außerdem ein buntes Restaurant am Lausitzer Platz in Kreuzberg: The Panda Noodle, ein paar Blöcke entfernt von ihrer Wohnung. An der Wand hängen Neonlichter und quietschige Poster.

Man muss nicht lange mit ihr davorsitzen, um einen Eindruck zu bekommen, was für ein Restaurant das Panda Noodle ist. Alle paar Minuten grüßt jemand beim Vorbeilaufen, mal auf Deutsch, mal auf Englisch, Leute mit noch mehr Hunden und Kindern, mit Laptop oder Einkaufstasche unterm Arm, mit Wohnsitz um die Ecke oder Reiseführer auf dem iPhone. Ein kleines Kiezrestaurant mit kleiner Küche, kleiner Bibliothek und kleiner Mittagskarte. An den meisten Tagen steht sie selbst in der Küche.

Was auf die Karte kommt, hat viel damit zu tun, woher Daeng Khamlao kommt, sagt sie: „Es gibt hauptsächlich Thai-Gerichte, aber auch zwei chinesische – ein Zwinkern in Richtung des chinesischen Teils meiner Familie.“ Die Nudeln dafür werden täglich frisch zubereitet.

Wenn ihr das Gericht aus dem Video nachkochen wollt, geht das übrigens so:

Rezept: Tom Kha Hed
Für 2 bis 3 Portionen
300ml Gemüsebrühe oder Wasser
2 Stangen Zitronengras (in 3cm lange Stücke geschnitten)
5 - 8cm Galgant (Thai-Ingwer)
4 - 5 Kaffirlimettenblätter
400ml Kokosnussmilch
2 Schalotten (geviertelt)
2 Korianderwurzeln
2 Handvoll Austern-Seitlinge (in Streifen gerissen)
3 EL Sojasoße
1 TL Zucker
2 Limetten
1. Brühe zum Kochen bringen.
2. Zitronengras, Galgant, Kaffirlimettenblätter, Schalotten und Korianderwurzeln hinzufügen.
3. Bei mittlerer Hitze 10 Minuten kochen.
4. Kokosnussmilch und Pilze hinzufügen.
5. Sojasoße und Zucker hinzufügen.
6. Saft der Zitronen hinzufügen.
7. Kochen bis die Pilze gar sind.
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Berlins explodierende kulinarische Vielfalt – ein Klimaproblem?

Daeng Khamlao und ihr Restaurant sind nicht alleine. Nicht nur, weil sie nach ihrer Schulzeit aus der Provinz nach Berlin gezogen ist, wie inzwischen wahrscheinlich ein Großteil der Innenstadtbevölkerung. Was Berlin heute isst, hat wenig mit dem kulinarischen Angebot vor zwanzig Jahren zu tun. Die Vielfalt der Küchen ist explodiert. Weil Leute mit neuen kulinarischen Angeboten aus aller Welt hier Restaurants eröffnen. Und weil das Publikum internationaler geworden ist – und interessierter an neuen Gerichten abseits von Schnitzel, Pasta und Sushi.

Aber noch ein anderes Phänomen erobert in den die Stadt: der Klimawandel. In Form von glühenden Sommern und in Form eines zunehmenden Umweltbewusstseins, gerade auch beim Essen. Bioläden, Markthalle IX, vegane Supermärkte, Fridays for Future oder Sternerestaurants wie das Nobelhart und Schmutzig, das sich mit seiner radikalen regionalen Küche als Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel präsentiert. Unsere Art zu Essen ändert sich für das Klima. Und laut der Forschung muss sie das auch. Denn unsere Ernährung ist für 34 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.

Bio, lokal, regional: Wen schließt das eigentlich aus?

Im Rahmen einer kürzlichen Umfrage des Lieferdiensts Lieferando anlässlich des Veganuary, einer Kampagne für einen veganen Januar zuliebe des Klimas, halten 60 Prozent der Deutschen vegane Ernährung für wichtig im Kampf gegen den Klimawandel. Allerdings gaben ebenfalls 60 Prozent an, dass sie trotzdem nicht bereit wären, sich vegan zu ernähren. Und dafür haben manche auch sinnvolle Gründe.

Daeng Khamlao beim Einkauf in der Kreuzberger Markthalle IX. Foto: Nassim Rad

Daeng Khamlao hat sich bei dieser Debatte oft gefragt: „Wo hab’ ich denn da meinen Platz?” Während einige Nobelrestaurants der europäischen Küche nur noch regionales Wildschwein an saisonalen Rüben servieren, ist es beim traditionellen thailändischen Papayasalat eben nicht möglich, die Papaya aus Brandenburg zu beziehen. „Und bin ich voll die Umweltsau, weil ich auf meine Fischsauce nicht verzichten kann? Für wen ist die regional, bio, lokale Küche eigentlich umsetzbar?”

Auf der Suche nach Berlins Küchen der Zukunft

Gute Frage. Das findet nicht nur Daeng Khamlao als Gastronomin. Wir begeben uns deshalb mit ihr zusammen auf die Suche nach Berlins Küchen der Zukunft. Wir, das sind die Berliner Produktionsfirma Schuldenberg Films und das Tagesspiegel Innovation Lab. Ganz verschiedene Menschen zeigen uns, wie man ihr Lieblingsessen kocht, indische, afrikanische oder vegane Gerichte zum Beispiel. Andere erklären uns, wie Nahrung und Klima genau zusammenhängen. Die Ergebnisse zeigen wir in Youtube-Videos, interaktiven Grafiken, Interviews und Datenanalysen.

Hier zum Beispiel lässt sich ab sofort ausrechnen, wie viel CO₂ eure Lieblingsgerichte verursachen:

Für die Gastronomie gibt es eine noch umfangreichere App names Klimateller. Außerdem erscheinen in den nächsten Wochen weitere Hintergrundartikel zu internationaler Küche in Berlin und dem Klimaeffekt von Essen. Einmal wöchentlich gibt es eine neue Videofolge, hier und direkt auf Youtube:

Und warum jetzt Papaya und Pommes? Pommes sind nicht nur eines der beliebtesten Gerichte in Deutschland und treuer Begleiter Berliner Nächte, sondern ein ziemlich gutes Beispiel dafür, warum die Sache mit der Ernährung, der Landwirtschaft und dem Klima gar nicht so einfach ist – und deshalb ziemlich interessant.

Der CO₂-Abdruck von Papaya und Pommes

Ob Papaya klimaschädlicher sind als Pommes, hängt also vor allem davon ab, ob sie eingeflogen oder eingeschifft wurde, wie die Grafik zeigt. Es hat also was mit Anbauort, Lagerung und Logistik zu tun. Vergleicht man sie mit Kartoffeln, wäre es trotzdem klimafreundlicher, auf Papaya zu verzichten. Pommes hingegen werden zumeist tiefgekühlt genutzt, sowohl in der Gastro als auch zu Hause. Dadurch ist auch bei ihnen die Klimabilanz höher – sogar ohne die Energie der Fritteuse oder des Ofens einzuberechnen. Die eingeschiffte Papaya wäre da klimafreundlicher.

Hier erklären wir noch etwas genauer, warum es gar nicht so einfach ist, die Klimafolgen von Essen zu berechnen:

Noch bessere Ideen? Schreibt gerne Kommentare unter das Youtube-Video oder schickt uns Vorschläge per Mail, Twitter oder Instagram. Die Accounts findet ihr neben den Namen der Team-Mitglieder.

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Projektteam

Die Videoserie Papaya & Pommes ist eine Kooperation von Tagesspiegel und Schuldenberg Films und wurde vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert.

Sophie Ahrens
Herstellungsleitung
Inga Barthels
Recherche, redaktionelle Mitarbeit
Kuan-Chen Chen
Ton
Kristof Gerega
Entwicklung, Regie, Projektleitung Schuldenberg Films
Sara Halvova
Produktionsassistenz
Daeng Khamlao
Entwicklung, Moderation
Fabian Kalker
Musik
Manuel Kostrzynski
Artdirektion
Hendrik Lehmann
Entwicklung, Redaktion, Artikeltext, Projektleitung Tagesspiegel
David Meidinger
Webentwicklung, Tech Lead
Alaha Safdari
Entwicklung, Recherche
Helena Wittlich
Recherche, redaktionelle Mitarbeit
Anton Yaremchuk
Kamera, Bildbearbeitung
Danila Okulov (Sounddesign & Mischung), Patrick Stegemann (Beratung), Tobias Schuetze (Schnitt, Grafik & Animation),
Veröffentlicht am 12. Januar 2022.