Trotz der hohen Baukosten sind die Pipelines die günstigste Art, Öl und Gas zu transportieren. In den USA werden 90 Prozent des Öls mindestens teilweise per Pipeline transportiert, schreibt das American Geosciences Institute.
Wer selbst Rohstoffreserven hat, kauft logischerweise meist nicht viel. Zum Beispiel Russland. Das Land hat die größten Gasreserven, ist also auch der weltweit größte Gas-Exporteur. In die Top drei des Exportrankings gehören noch Katar und die USA. Beim Erdöl stehen Saudi-Arabien, Russland und Kanada vorn.
Interessant ist: Die größten Exporteure sind nicht automatisch die Länder mit den größten Reserven. Im Vergleich stehen die USA bei den Öl-Reserven nur auf Platz neun, bei Gas auf Platz fünf.
Dass Öl und Gas Abhängigkeiten über weltanschauliche Grenzen hinweg schaffen, ist kein neues Phänomen. Das erste Gas, das per Pipeline den Eisernen Vorhang durchfloss, ging nach Österreich, ab 1968 mit der Bratstvo-Pipeline. 1970 zog Westdeutschland nach: Ruhrgas und Gazprom schlossen Verträge über Erdgas-Lieferungen; Thyssenkrupp lieferte Stahlrohre für die dafür nötige Pipeline-Verlängerung.
Weltweit versorgen die Pipelines Milliarden von Menschen. Laut den Vereinten Nationen könnten 2050 9,7 Milliarden Menschen statt derzeit rund 7,9 Milliarden auf der Welt leben. Das erhöht auch den Energiebedarf. Bisher sieht es nicht so aus, als würde man ihn künftig ausschließlich mithilfe erneuerbarer Energien stillen – oder der Bedarf nach Erdöl und –gas abnehmen.
In den 1950er Jahren wurde Erdöl zur global wichtigsten Energiequelle. Der BP-Prognose zufolge könnte Gas das Öl bald überholen. Besonders bei Gas befinden sich zahlreiche neue Pipelines im Bau, wie die interaktive Karte zeigt.
Um unabhängiger von russischem Gas zu werden, könnte Deutschland auf andere Transportwege setzen – zum Beispiel auf Schiffe. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) treibt derzeit Planungen für das erste Flüssigerdgasterminal, auch LNG-Terminal genannt, in Deutschland voran. An der Nordseeküste soll per Schiff angeliefertes, für den Transport verflüssigtes Erdgas wieder gasförmig gemacht werden. „Spätestens der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht dies zwingend“, sagte Habeck. Umweltschützer*innen halten das aus Klimaschutz-Sicht für den falschen Weg. Was es politisch bringt, wird sich zeigen – auch andere Länder mit großen Reserven könnten eine Abhängigkeit als Druckmittel benutzen.
In einer früheren Version des Artikels wurde Robert Habeck (Grüne) als Bundesfinanzminister bezeichnet. Habeck ist jedoch Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Wir haben den Fehler korrigiert.