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Es ist also gar nicht so banal, zu berechnen, wie klimafreundlich bestimmte Lebensmittel sind. In der grafischen Erzählung oben haben wir die Lebensmittel der Einfachheit halber rein nach Masse verglichen. Das vermittelt einen guten Eindruck, wenn man im Supermarkt steht und die üblichen Mengen vergleicht. Im echten Leben ist Ernährung allerdings komplizierter.

Einer, der sich damit besonders gut auskennt, ist Manuel Klarmann, Leiter der Schweizer Firma Eaternity. Er und sein Team tragen seit Jahren die CO₂-Emissionen von Lebensmitteln zusammen und passen die Werte immer wieder an. Mit diesen lässt sich so bewerten, wie klimafreundlich ein Lebensmittel ist. Für diese Recherche hat er dem Tagesspiegel Innovation Lab die Klima-Datenbank seiner Firma kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Klima & Ernährung: It’s complicated

Will man wirklich die Beziehung zwischen Ernährung und Klimawandel verstehen, reicht es nicht aus, die Klimabilanz rein nach der Masse zu berechnen. 100 Gramm Milch sind schließlich nicht so nahrhaft wie 100 Gramm Schweinebraten.

Deshalb beziehen Klarmann und sein Team weitere Faktoren mit ein: den Kalorienbedarf pro Tag und den Bedarf an Protein, Fetten und Wasser nach Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Um diesen täglichen Nährstoffbedarf zu decken, müssen wir von manchen Lebensmitteln eine größere Menge essen als von anderen. Zum Beispiel beim Sauerkraut. Im Vergleich zu anderen Lebensmitteln sind 100 Gramm Sauerkraut mit 77g CO₂ eher klimafreundlich. Wollte man mit Sauerkraut aber ein Drittel des Tagesbedarfs an Nährstoffen decken, entständen aufgrund der großen Menge fast 18-mal so viele CO₂-Emissionen.

Die Klimabilanz für Gerichte berechnen

Auf Basis dieser präzisen Daten von Klarmann und seinem Team haben wir deshalb außerdem einen Klimarechner für ganze Gerichte und Rezepte entwickelt, in den sich nahezu alle beliebigen Rezepte eingeben lassen.

Natürlich isst wohl kaum einer 1,7 Kilogramm Sauerkraut am Tag. Ein anderes Beispiel zeigt aber, wieso der Nährstoffgehalt Auskunft darüber geben kann, wie klimafreundlich ein Lebensmittel ist. Linsen haben einen Wert von 100 Gramm CO₂-Äquivalent pro 100 Gramm, also etwas schlechter als das Sauerkraut. Man müsste aber nur 182 Gramm Linsen essen, um ein Drittel seines Tagesbedarfs zu decken. Und so lassen sich Linsen besser mit beispielsweise Käse vergleichen.

Die Küchen der Zukunft

Wie kochen wir also in Zukunft? Unsere Küchen ändern sich ständig, durch veränderte Handelsbeziehungen, neue Essgewohnheiten und kulturelle Einflüsse. In der Langzeitrecherche Papaya & Pommes gehen wir dem auch in einer Videoserie nach – inklusive leckerer Rezepte:

Wer genauer verstehen will, wie sich die CO₂-Bilanz von Lebensmitteln berechnen lässt und welche Herausforderungen es dabei gibt, kann das in unserem Erklärtext nachlesen:

Die grafische Darstellung wurde inspiriert vom Projekt “All you can eat” von Eaternity. Hier geht es zur Website des Projekts. Sämtliche Daten stehen auf Github zur Verfügung.

Papaya & Pommes: Die neue Videoserie

Die Serie Papaya & Pommes beschäftigt sich mit den Klimafolgen unserer Ernährung und internationaler Gastronomie.

In einer Videoserie begleiten wir dabei die Gastronomin Daeng Khamlao auf einer Suche. Sie befindet sich in einem inneren Konflikt. Für die gebürtige Thailänderin ist asiatisches Essen ein Stück ihrer Identität. Dabei sind die Zutaten oft von weither importiert und nicht immer klimafreundlich oder nachhaltig. Wie kann Daeng klimafreundlich kochen, ohne dabei auf die Gerichte aus ihrer Heimat zu verzichten?

In der Videoserie, die der Tagesspiegel mit der Berliner Produktionsfirma Schuldenberg Films entwickelt hat, begibt sie sich auf die Suche nach einer Lösung für ihr Dilemma. Daeng, die das Restaurant The Panda Noodle in Kreuzberg betreibt, besucht in fünf Folgen verschiedene internationale Restaurants und Essensprofis in Berlin und lässt sich ihre Küchen zeigen. Dabei versucht sie, herauszufinden: Wie klimaschädlich ist welche Art zu Kochen wirklich? Kann man weit gereiste Zutaten für thailändische, afrikanische oder indische Gerichte durch regionale Zutaten ersetzen? Oder ist das vielleicht gar nicht nötig? Sie findet dabei ungewöhnliche Gerichte – und vielleicht auch ein bisschen etwas von Berlins Küchen der Zukunft.

In der ersten Folge trifft Daeng die Ernährungsökonomin Ann-Cathrin Beermann und zeigt ihre eigene Küche. Ihr könnt die Serie direkt hier oder auf Youtube ansehen.

Die Autorinnen und Autoren

Tamara Flemisch
Datenvisualisierung & Entwicklung
Manuel Kostrzynski
Artdirektion
Hendrik Lehmann
Redaktion & Text
David Meidinger
Entwicklung
Helena Wittlich
Text & Recherche
Veröffentlicht am 27. Januar 2022.