Wie deutsche und österreichische Hersteller an dem Waffenwahn in den USA mitverdienen.
Eine Recherche von Tagesspiegel und ZDF Magazin Royale
In den letzten 40 Jahren gab es in den USA 142 Amokläufe und Massenschießereien. 1106 Menschen sind dabei ums Leben gekommen.
Was bei uns kaum jemand weiß: In einem Drittel der Fälle führten die Todesschützen Waffen europäischer Konzerne. Bei Schulmassakern sogar in 45 Prozent der Fälle.
Sandy Hook Elementary School 2012: 27 Todesopfer. Der Täter trug eine Pistole von Glock und eine von SIG Sauer. Orlando 2016, Las Vegas 2017: Bei den größten Massakern der jüngeren US-Geschichte schossen die Angreifer mit europäischen Gewehren. Und die Massaker werden tödlicher ...
Auch weil 2004 der Federal Assault Weapons Ban auslief. Der hatte die Produktion von halbautomatischen Waffen für Privatleute verboten. Und die Mass Shootings werden häufiger. Allein 2022 gab es zwölf.
Schusswaffen sind mittlerweile die häufigste Todesursache für Kinder und Jugendliche in den USA. Vor Krebs, vor Verkehrsunfällen. Insgesamt sind im Land bis Ende April 2023 bereits 14.000 Menschen durch Schusswaffen gestorben.
Für viele ist das eine Tragödie. Für andere ein lukratives Business. Allein im Corona-Jahr 2020 kauften Menschen in den USA fast dreimal so viele Schusswaffen wie noch zehn Jahre zuvor.
Zwei der erfolgreichsten Waffenmarken auf dem US-Privatmarkt stammen aus Deutschland und Österreich: SIG Sauer und Glock. Das ist lukrativ: Nirgendwo auf der Welt werden mehr Pistolen und Gewehre verkauft.
So wie viele andere europäische Waffenkonzerne haben sie dafür Produktionsstätten in den USA ausgebaut. Das umgeht auch rechtliche Schranken. Inzwischen finden sich zahlreiche europäische Marken unter den 100 größten Handfeuerwaffen-Fabriken im Land.
Die USA leiden unter einer Epidemie der Waffengewalt. Die Profiteure sitzen auch in Europa. In Deutschland. In Österreich.
Glock sitzt im Städtchen Ferlach in Kärnten. Die Gewinne von SIG Sauer landen bei zwei Männern im münsterländischen Emsdetten.
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Ein Team des Tagesspiegels hat gemeinsam mit dem ZDF Magazin Royale Dokumente ausgewertet, Fotos und Videos verifiziert, Daten erhoben, Experten sowie Insider befragt und Überlebende von US-Massakern interviewt. Die Recherchen zeigen: Die Spur des Business mit dem Waffenwahn der Vereinigten Staaten führt deutlicher als bislang bekannt nach Europa. Nach Deutschland. Nach Österreich.
Weil Konzerne alles daran setzen, möglichst viel Gewinn zu generieren – und politisch zu wenig getan wird, um zu verhindern, dass ein Land dafür mit Menschenleben bezahlt.
In sieben Kapiteln widmet sich dieses Dossier dem US-Waffenkult und seinen europäischen Profiteuren. Sie können entweder in chronologischer Reihenfolge oder unabhängig voneinander gelesen werden.
#Peng – ZDF Magazin Royale vom 5. Mai 2023.
Die Ergebnisse der Recherche in der Böhmermann-Sendung
In den verschiedenen Kapiteln auf dieser Seite zeigen wir, welches Ausmaß der Waffenwahn in den USA inzwischen angenommen hat. Sichtbar wird aber auch, wie wir uns hierzulande leicht damit tun, die „verrückten Amis” zu verurteilen – während deutsche und österreichische Firmen Rekordgewinne erzielen, indem sie halbautomatische Pistolen und Gewehre in den Staaten verkaufen. Das Team hinter Jan Böhmermann hat die Rechercheergebnisse auf ganz andere Weise aufbereitet.
TEAM
Eric Beltermann, Nina Breher, Julia Brigasky, Cornelius Dieckmann, Daniel Erk, Tamara Flemisch, Alexander Forsthofer, Kirk Jackson, Hendrik Lehmann, Dennis Pohl, Juliane Schäuble, Lennart Tröbs, Helena Wittlich