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Wie das Coronavirus den Körper befällt

Coronaviren gelangen meist über die Atem­luft in den Rachen – ein­geschlossen in Tröpfchen oder Aerosole. Gerade einmal 140 Nano­meter groß ist das bla Virus SARS-CoV-2. Ein mensch­liches Haar ist 500-mal so dick. Weltweit wird derzeit geforscht, wie genau das Virus Menschen infiziert. Hier sehen Sie erste Ergebnisse der Forschung – und was SARS-CoV-2 so gefährlich macht.
Coronaviren gelangen meist über die Atem­luft in den Rachen. Gerade einmal 140 Nano­meter groß ist das bla Virus SARS-CoV-2. Ein mensch­liches Haar ist 500-mal so dick. Weltweit wird derzeit geforscht, wie genau das Virus Menschen infiziert. Hier sehen Sie erste Ergebnisse der Forschung – und was SARS-CoV-2 so gefährlich macht.
Die meisten Infektionen beginnen im Rachen. Dort trifft das Virus auf einen bl Rezeptor, eine Art Andock­stelle auf der Hülle der bl Rachenzellen. Was das Virus als Rezeptor nutzt, nennt sich ACE2. Dieses Protein hilft normaler­weise überall im Körper, den Blutdruck zu regulieren. SARS-CoV-2 nutzt sie hingegen als Pforte in die menschlichen Zellen.
Die meisten Infektionen beginnen im Rachen. Dort trifft das Virus auf einen bl Rezeptor, eine Art Andock­stelle auf der Hülle der bl Rachenzellen. Was das Virus als Rezeptor nutzt, nennt sich ACE2. Dieses Protein hilft normaler­weise überall im Körper, den Blutdruck zu regulieren. SARS-CoV-2 nutzt sie hingegen als Pforte in die menschlichen Zellen.
Flimmerhärchen
Zellmembran
endoplasmatisches
Retikulum
Zellkern
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So dringt das Virus in die Zellen ein

Die Erbinformationen des Virus sind in seiner RNA gespeichert. Mit 29.900 Nukleotiden ist es sehr lang im Vergleich zu anderen RNA-Viren: Doppelt so lang wie bei Influenza, dreimal so groß wie bei HIV. Seine RNA stimmt zu 96 Prozent mit der eines Coronavirus überein, das in Fledermäusen gefunden wurde. Sie ist eine Art Betriebsprogramm des Virus. Es bringt Zellen dazu, neue Viren zu produzieren. Denn ohne die Zellen kann sich das Virus nicht vermehren – es ist abhängig von ihnen.
Das Virus hat eine bla Außenhülle. Darin enthalten sind drei wichtige Proteine. b Hüllenproteine und b Membranproteine geben dem Virus Form und Stabilität.
Das Virus hat eine bla Außenhülle. Darin enthalten sind drei wichtige Proteine. b Hüllenproteine und b Membranproteine geben dem Virus Form und Stabilität.
Ein drittes Protein verleiht dem Corona­virus seinen Namen. Wie Stacheln stehen die so­ge­nannten Spike-Proteine bl aus der Hülle hervor. Unterm Mikroskop erinnert das an eine Krone, lateinisch Corona. Mit ihrer Hilfe dockt SARS-CoV-2 an den bl Zellen an – der Beginn seiner Vermehrung.
Ein drittes Protein verleiht dem Corona­virus seinen Namen. Wie Stacheln stehen die so­ge­nannten Spike-Proteine bl aus der Hülle hervor. Unter dem Mikroskop erinnert das an eine Krone, lateinisch Corona. Mit ihrer Hilfe dockt SARS-CoV-2 an den bl Zellen an – der Beginn seiner Vermehrung.
Nähern sich die bl Spikes dem bl Rezeptor, klappt sich ein Teil nach außen. Das ist eine Besonder­heit des Virus und möglicher­weise eine Erklärung, warum es sich so schnell verbreitet. Denn das Spike von SARS-CoV-2 bindet um ein Viel­faches stärker an den Rezeptor als sein Vorgänger SARS-CoV, das 2002 auftauchte.
Nähern sich die bl Spikes dem bl Rezeptor, klappt sich ein Teil nach außen. Das ist eine Besonder­heit des Virus und möglicher­weise eine Erklärung, warum es sich so schnell ver­breitet. Denn das Spike von SARS-CoV-2 bindet um ein Viel­faches stärker an den Rezeptor als sein Vor­gänger SARS-CoV, das 2002 auftauchte.
Sind bl Spike und bl Virusrezeptor ver­bunden, aktiviert die Zelle einen Prozess, der das Virus in ihr Inneres transportiert. Die Zellmembran stülpt sich nach innen. Mithilfe weiterer Proteine schnürt sich eine Blase ab.
Sind bl Spike und bl Virusrezeptor verbunden, aktiviert die Zelle einen Prozess, der das Virus in ihr Inneres transportiert. Die Zell­membran stülpt sich nach innen. Mithilfe weiterer Proteine schnürt sich eine Blase ab.
In der Zelle öffnet sich die Blase. Das Virus gibt seine bla RNA in das Zell­innere frei, in das so­ge­nannte Zytoplasma. Damit gelangt ein Betriebs­programm in die Zelle, das ihr zum Verhängnis wird.
In der Zelle öffnet sich die Blase. Das Virus gibt seine bla RNA ins Zell­innere frei, ins so­gen­annte Zyto­plasma. Damit gelangt ein Betriebs­programm in die Zelle, das ihr zum Ver­hängnis wird.
Zytoplasma
RNA
endoplasmatisches
Retikulum
Die bla RNA wird von be­stimmten Teilen in der Zelle aus­gelesen, den bla Ribosomen. Es sind die Proteinfabriken der Zelle. Sie folgen der Bau­anleitung im RNA-Code und stellen Virus-Bauteile bl b  und andere Proteine her, die SARS-CoV-2 für seine Vermehrung braucht.
Die bla RNA wird von bestimmten Teilen in der Zelle ausge­lesen, den bla Ribosomen. Es sind die Protein­fabriken der Zelle. Sie folgen der Bau­anleitung im RNA-Code und stellen bl b  Virus-Bauteile und andere Proteine her, die SARS-CoV-2 für seine Vermehrung braucht.
Mit einem weiteren Protein, genannt RNA-Polymerase, werden auch Kopien der bla Virus-RNA her­ge­stellt. Damit können sich die Bau­teile zu neuen bla Viren zusammen­setzen. Das Membran­protein des Virus kümmert sich darum, dass sich die Hülle richtig bildet. Zusammen­gesetzt wird sie aus Membran­teilen des Endo­plasmatischen Retikulums der Zelle.
Mit einem weiteren Protein, genannt RNA-Polymerase, werden auch Kopien der bla Virus-RNA her­gestellt. Damit können sich die Bau­teile zu neuen bla Viren zusammen­setzen. Das Membran­protein des Virus kümmert sich darum, dass sich die Hülle richtig bildet.
Virus-Bestandteile
Nach und nach werden die neuen Viren bla aus der bl Zelle trans­portiert. Dabei wird die Wirts­zelle nicht zerstört. So kann eine Zelle Millionen neuer Viren produzieren, bevor sie abstirbt.
Nach und nach werden die neuen Viren bla aus der Zelle trans­portiert. Dabei wird die bl Wirtszelle nicht zerstört. So kann eine Zelle Millionen neuer Viren pro­duzieren, bevor sie abstirbt.
Der Eindringling bleibt nicht un­bemerkt. Er setzt die körper­eigene Abwehr in Gang, das Immunsystem. Zu ihm gehören die bla Fresszellen. Sie ver­schlingen manche Viren und zerlegen sie in ihre Einzel­teile. All die Abwehr braucht Energie. Die Körper­temperatur steigt, bis hin zu Fieber.
Der Eindringling bleibt nicht unbemerkt. Er setzt die körper­eigene Abwehr in Gang, das Immunsystem. Zu ihm gehören die bla Fresszellen. Sie verschlingen manche Viren und zerlegen sie in ihre Einzel­teile. All die Abwehr braucht Energie. Die Körper­temperatur steigt, bis hin zu Fieber.
zerstörte
Viren
Aber nicht alle bla Coronaviren werden gefressen. Viele kommen durch. Sie infizieren weitere bl Zellen. Erst im Rachen, später auch in anderen Teilen des Körpers. Unklar ist der Forschung noch, ob das Virus sich Zelle für Zelle fort­bewegt oder vom Rachen zum Beispiel direkt in die Lunge gelangen kann.
Aber nicht alle bla Coronaviren werden gefressen. Viele kommen durch. Sie infizieren weitere bl Zellen. Erst im Rachen, später auch in anderen Teilen des Körpers. Unklar ist der Forschung noch, ob das Virus sich Zelle für Zelle fort­bewegt oder vom Rachen zum Beispiel direkt in die Lunge gelangen kann.
Eine Kettenreaktion beginnt. Die infizierten Zellen produzieren noch mehr Viren. Aber die Zellen melden die ungebetenen Gäste über Boten­stoffe an ihre Umgebung. Das ruft die bla Killerzellen auf den Plan. Sie greifen bla befallene Zellen an und zerstören sie. Und sie schütten noch mehr Boten­stoffe aus, um weitere Helfer des Immun­systems anzulocken.
Eine Kettenreaktion beginnt. Die infizierten Zellen produzieren noch mehr Viren. Aber die Zellen melden die ungebetenen Gäste über Boten­stoffe an ihre Umgebung. Das ruft die bla Killerzellen auf den Plan. Sie greifen bla befallene Zellen an und zerstören sie. Und sie schütten noch mehr Boten­stoffe aus, um weitere Helfer des Immunsystems anzulocken.
In seinem Eifer, die bla Eindringlinge zu be­kämpfen, kann das Immun­system über­reagieren. Gleich­zeitig sammeln sich immer mehr bla Zellreste an. Ein Sekret aus Abwehr­zellen und Zell­resten bildet sich.
In seinem Eifer, die bla Eindringlinge zu bekämpfen, kann das Immun­system über­reagieren. Gleich­zeitig sammeln sich immer mehr bla Zellreste an. Ein Sekret aus Abwehr­zellen und Zell­resten bildet sich.
zerstörte Zellen
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So greift das Coronavirus den ganzen Körper an

All die Botenstoffe, so­ge­nannte Zytokine, sollen dem Körper eigentlich helfen, das Virus wieder loszuwerden. Sie könnten aber auch ein Grund sein, warum SARS-CoV-2 uns so krank macht. Denn das Virus bringt die Zellen dazu, besonders große Mengen von Zytokinen zu produzieren. Unser Immunsystem läuft heiß. Es schickt immer mehr Abwehrzellen, die immer schwerere Entzündungen verursachen.
Covid-19 heißt die Krank­heit, die SARS-CoV-2 auslöst. Sie beginnt im Rachen. Deswegen ist Husten oft eines der ersten Symptome. Fatal! Dadurch wird das Virus mit hoher Geschwin­digkeit aus dem Körper geschleudert. Wenn es schlecht läuft, beginnt der Kreis­lauf von vorne – im Körper eines anderen Menschen.
Covid-19 heißt die Krankheit, die SARS-CoV-2 auslöst. Sie beginnt im Rachen. Deswegen ist Husten oft eines der ersten Symptome. Fatal! Dadurch wird das Virus mit hoher Geschwin­digkeit aus dem Körper geschleudert. Wenn es schlecht läuft, beginnt der Kreis­lauf von vorne – im Körper eines anderen Menschen.
SARS-CoV-2 infiziert auch die Lungen­zellen. Wenn das Immun­system zu heftig auf den Angreifer reagiert, füllen sich die Lungenbläschen mit der Flüssig­keit aus Abwehr­zellen. Hier geht sonst Sauer­stoff aus der Atem­luft ins Blut über. Sind die Lungen­bläschen gefüllt, funktionieren sie nicht mehr. Atemnot und schweren Lungen­entzündungen sind die Folge.
SARS-CoV-2 infiziert auch die Lungen­zellen. Wenn das Immun­system zu heftig auf den Angreifer reagiert, füllen sich die Lungenbläschen mit der Flüssig­keit aus Abwehr­zellen. Hier geht sonst Sauer­stoff aus der Atemluft ins Blut über. Sind die Lungen­bläschen gefüllt, funktionieren sie nicht mehr. Atemnot und schweren Lungen­entzündungen sind die Folge.
Das Herz kann ebenfalls betroffen sein. Bei vielen schwer Erkrankten wurde eine Entzündung des Herzmuskels festgestellt. Unklar ist, ob das Virus die Zellen des Herzens direkt schädigt – oder ob die Immun­reaktion die Schäden verursacht.
Das Herz kann ebenfalls betroffen sein. Bei vielen schwer Erkrankten wurde eine Entzündung des Herzmuskels festgestellt. Unklar ist, ob das Virus die Zellen des Herzens direkt schädigt – oder ob die Immun­reaktion die Schäden verursacht.
Ein gestörter Geschmacks- und Geruchs­sinn könnte ebenfalls eines der frühen An­zeichen einer Covid-19-Erkrankung sein. Das könnte darauf hinweisen, dass das Virus unser Nerven­system angreift und wom­öglich sogar ins Gehirn wandert. Auch dort haben Zellen Andock­stellen für ACE2. Aber ob das Virus sie wirklich infiziert oder die Störungen im Nerven­system eine Folge der Immun­reaktion sind, ist ebenfalls noch unklar.
Ein gestörter Geschmacks- und Geruchs­sinn könnte ebenfalls eines der frühen An­zeichen einer Covid-19-Erkrankung sein. Das könnte darauf hinweisen, dass das Virus unser Nerven­system an­greift und wo­möglich sogar ins Gehirn wandert. Auch dort haben Zellen Andock­stellen für ACE2. Aber ob das Virus sie wirklich infiziert oder die Störungen im Nerven­system eine Folge der Immun­reaktion sind, ist ebenfalls noch unklar.
Obduktionen haben ergeben, dass auch Blut­gefäße betroffen sind. Die Folge: Es bilden sich Klumpen im Blut, Thrombosen entstehen. Wandern diese durch den Körper, können sie Organe ver­stopfen. Im Herzen führt das zum Herz­infarkt, im Gehirn zum Schlag­anfall. Verstopfen die kleinen Blut­klümpchen die Lunge, kommt es zu einer Lungen­embolie.
Obduktionen haben ergeben, dass auch Blut­gefäße betroffen sind. Die Folge: Es bilden sich Klumpen im Blut, Thrombosen entstehen. Wandern diese durch den Körper, können sie Organe ver­stopfen. Im Herzen führt das zum Herz­infarkt, im Gehirn zum Schlag­anfall. Verstopfen die kleinen Blut­klümpchen die Lunge, kommt es zu einer Lungen­embolie.
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Wo Wirkstoffe ansetzen könnten

Im Verlauf der Pandemie zeigte sich, wie verschieden die Symptome sein können, die SARS-CoV-2 auslöst. Durchfall, Hautausschlag, Nierenversagen – immer wieder werden neue Auswirkungen festgestellt. Warum das so ist, erforschen Tag und Nacht weltweit Menschen im Rahmen der wohl größten und schnellsten Forschungskampagne der jüngeren Geschichte. Vor allem aber suchen sie nach einem Gegenmittel.

Ein Gegenmittel könnte an verschiedenen Stellen des Virus-Zyklus eingreifen, den Sie gerade erkundet haben. Eine Möglichkeit wäre es, schon lange bekannte Medikamente zu nutzen, die verhindern, dass zu viele Botenstoffe entstehen. Das könnte Entzündungen abschwächen und so für einen milderen Verlauf der Covid-19-Erkrankung sorgen.

Eine zweite Strategie will den Vermehrungsprozess des Virus sabotieren. Viel diskutiert wird beispielsweise das Medikament Remdesivir, das ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt wurde. Es tarnt sich als RNA-Baustein in der Zelle. Wird es in die RNA des Virus eingebaut, bleibt es an dem Protein hängen, das die neue RNA zusammenbaut. So kann die Erbinformation nicht mehr vervielfältigt werden. Die Vermehrung des Virus ist gestoppt. Erste Zwischenergebnisse machen Hoffnung, dass das Medikament schwere Erkrankungen zumindest bremsen könnte. Weitere Forschungsansätze versuchen, die Herstellung anderer Virusbauteile in der Zelle zu stören.

Auch die Spikes hat die Forschung ins Visier genommen. Hier docken körpereigene Enzyme an, die das Eindringen von Sars CoV-2 in die menschlichen Zellen beschleunigen. Etwa das Enzym Furin, das die neu gebauten Spike-Proteine in der Zelle so aktiviert, dass die neuen Viren noch besser in neue Wirtszellen eindringen können. 

Einige Wissenschaftler hoffen, dass hier ein guter Ansatzpunkt für die Suche nach einem Impfstoff sein könnte. Ein Coronavirus ohne die perfekte Andockstelle für das Enzym Furin könnte sich langsamer im Körper ausbreiten. Das Virus wäre dann so schwach, dass es keine Symptome verursachen würde, das Immunsystem aber trotzdem Antikörper bilden könnte, wie es bei Lebendimpfungen mit abgeschwächten Erregern üblich ist.

Obwohl Tausende Forscherinnen und Forscher in vielen Ländern der Welt nach diesen Lösungen suchen, dauern ihre Analysen normalerweise sehr lange. Wenn sie erfolgreich sind und einen Impfstoff oder ein Medikament entdecken, müssen noch Produktionsverfahren dafür umgestellt oder erst entwickelt werden. Dann muss ausgehandelt werden, wie und von wem all die Forschung bezahlt werden soll – und wer die Gegenmittel zuerst bekommt.

Bis dahin helfen nur zwischenmenschliche Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus. Passen Sie aufeinander auf!

Über die Autorinnen und Autoren

Jens Drößiger
Illustration
Michael Gegg
Webentwicklung
Manuel Kostrzynski
Artdirektion
Hendrik Lehmann
Projektredaktion
David Meidinger
Webentwicklung
Helena Wittlich
Recherche & Text
Danke!
Wer noch geholfen hat
Dass dieses Projekt etwas geworden ist, haben wir zahlreichen Menschen zu verdanken, die Darstellungen redigiert haben und wissenschaftliche Hintergründe erläuterten. Allen voran geht der Dank an Sascha Karberg, unermüdlicher Forschungsredakteur im Tagesspiegel Ressort Wissen/Forschen. Besonderer Dank geht außerdem an Emanuel Wyler und das Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin für die fachliche Unterstützung.
Veröffentlicht am 19. Mai 2020.
Zuletzt aktualisiert am 29. Mai 2020.