Heike Schmitt-Schmelz (SPD) leitet im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf die meisten Ressorts. Nach den Wahlen im Herbst 2016 wurde sie zur Stadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur. Nun kandidiert sie als Bezirksbürgermeisterin. Damit wäre sie die Nachfolgerin ihres Parteifreundes Reinhard Naumann, der jetzt in das Berliner Abgeordnetenhaus wechseln möchte.
Als Ziele nennt Heike Schmitt-Schmelz unter anderem „Wohnungsbau und Mietgerechtigkeit“, die Sicherheit für Schüler und Radfahrer im Straßenverkehr, Investitionen in die Sport-Infrastruktur sowie eine modernere Bezirksverwaltung mit mehr digitalen Dienstleistungen. Ihren politischen Stil kann man als ruhig und sachlich bezeichnen. Nur manchmal, wenn sie sich zu Unrecht kritisiert fühlt, zeigt Heike Schmitt-Schmelz ihre Verärgerung und wirkt dann auch persönlich beleidigt.
Judith Stückler (CDU) konkurriert mit Heike Schmitt-Schmelz von der SPD um das Amt der Bezirksbürgermeisterin. Als frühere BVV-Vorsteherin schien sie ganz in ihrem Element, moderierte Sitzungen der Bezirksverordneten in freundlichem Ton und repräsentierte gerne bei vielen Veranstaltungen. Nach unserer Kenntnis traf es sie hart, als Annegret Hansen (SPD) ihr Amt übernahm und sie selbst nur als Vize-Vorsteherin der BVV weitermachen konnte.
Ihr Motto lautet, „nahe am Menschen“ zu sein. „Soziales Engagement und die Stärkung sozialer Einrichtungen liegen mir am Herzen.“ Außerdem will Stückler die „Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben“, mittelständische Betriebe unterstützen, Kleingärten erhalten und sich für bezahlbare Wohnungen im Bezirk einsetzen.
In Charlottenburg-Wilmersdorf treten die Grünen mit einem Spitzentrio an. Nach außen hin ist Schruoffeneger im Spitzentrio der Grünen als Bau-, Umwelt- und Verkehrsstadtrat am bekanntesten. Sollten die Grünen überraschend die stärkste Kraft in der BVV werden und das Bürgermeisteramt beanspruchen können, würde es parteiintern ein Auswahlverfahren geben.
Die Kandidatin Kirstin Bauch will Politik machen, die „anpackt“ und im Gespräch mit Bürgern „die Gemeinsamkeiten sucht“. Sie strebt besonders Verbesserungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystem an und begründet dies auch so: Wer damit beschäftigt sei, sich Sorgen um die Wohnung, den Kitaplatz oder die Krankenversicherung zu machen, habe keine Zeit, für Klimaschutz und die Verkehrswende zu kämpfen.
Dagmar Kempf ist die Co-Vorsitzende der grünen BVV-Fraktion und deren Sprecherin für Kultur und Wirtschaft. Sie bewirbt sich auch für das Berliner Abgeordnetenhaus, hat im eher konservativen Wahlkreis Grunewald / Halensee allerdings vermutlich wenig Chancen auf das Direktmandat. Im politischen Alltag werde der Kultur leider oft wenig Bedeutung zugemessen, beklagt sie.
Ihr Motto lautet „Kultur zuerst“. Deren Förderung „bedeutet die Verbindung von Menschen unterschiedlichster Herkunft und Lebensentwürfe und ist zudem ein wichtiger bezirklicher Wirtschaftsfaktor und ein Labor für neue Ideen und Möglichkeiten“.
Nach außen hin ist Schruoffeneger als Bau-, Umwelt- und Verkehrsstadtrat am bekanntesten. Schruoffeneger nennt den „klimaneutralen, sozialen und nachhaltigen Umbau der Städte“ als eines seiner Ziele. Bei seinem Amtsantritt sei die Bezirksverwaltung „in Teilen nicht mehr arbeitsfähig“ gewesen. Seitdem habe Charlottenburg-Wilmersdorf beispielsweise unter allen Berliner Bezirken „die meisten neuen Milieuschutzgebiete“ in Kraft gesetzt.
Zu Schruoffenegers schärfsten Kritikern gehört die BVV-Linksfraktion, obwohl sie die Zählgemeinschaft der SPD und Grünen an sich unterstützt. Beim Ausbau des Radwegenetzes liege die City West weit zurück, bemängeln die Linken gemeinsam mit Fahrradverbänden. Sie teilen auch die Vorwürfe mehrerer Bürgerinitiativen, der Milieuschutz sei spät und nicht im geforderten Ausmaß gekommen.
Annetta Juckel (Linke) will die erste Stadträtin ihrer Partei in Charlottenburg-Wilmersdorf werden. Sie leitet die BVV-Fraktion bereits gemeinsam mit Niklas Schenker. Als einen ihrer persönlichen politischen Schwerpunkte nennt Juckel die „Verhinderung von Einsparmaßnahmen im Bezirk“. Die Coronakrise könne „nur durch Investitionen in die soziale Infrastruktur bewältigt werden“. Außerdem möchte sie die Bürgerbeteiligung und die direkte Demokratie stärken – zum Beispiel durch einen „Bürger:innenhaushalt“, bei dem viele Menschen über die Verwendung öffentlicher Gelder „mitgestalten und mitentscheiden können“.
Bezahlbares Wohnen ist für die Linken ein Top-Thema in der City West. Annetta Juckel fordert nicht nur Maßnahmen für den Bestand, sondern auch den „Bau von preisgünstigen Wohnraum, insbesondere für die knapp 50 Prozent der Menschen in Charlottenburg-Wilmersdorf, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben“.
In der FDP amtiert Stephanie Beckers als Vize-Vorsitzende des Ortsverbands Charlottenburg-City und des Landesfachausschusses Bildung sowie als Beisitzerin im Landesvorstand.
Die 50-Jährige wuchs auf der Insel Helgoland auf, ist studierte Historikerin und engagiert sich seit vielen Jahren überbezirklich in der Bildungspolitik – beispielsweise im Landeselternausschuss und im Landesschulbeirat. Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet sie für den Berliner FDP-Abgeordneten Henner Schmidt.
Der bezirkliche AfD-Fraktionschef Michael Seyfert teilt bekannte Ansichten seiner Partei: Der Islam „gehört nicht zur abendländischen Kultur“, die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sei „deren Bringschuld“. Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, „sind umgehend abzuschieben“. Den Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte lehnt Seyfert ab. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist für ihn zwar „eine Selbstverständlichkeit“, aber er wendet sich gegen eine Politik der Gleichstellung, die „Frauen aus vorgeblich guten Gründen gegenüber Männern bevorteilt“.
Naturschutz „ist für mich Heimatschutz“, sagt Seyfert. Das Bezirksamt müsse mehr Geld in die Pflege und Bewässerung der Bäume investieren. In der Verkehrspolitik seien der Ausbau von Radwegen und der Fußgängerschutz wichtig, jedoch mit einer „Wahlfreiheit der Verkehrsmittel“ und ohne eine „rot-rot-grünen Gängelung der Autofahrer.“ Außerdem fordert Seyfert unter anderem ein „voll digitalisiertes Bezirksamt mit höchster Servicequalität“ und ein gut „ausgestattetes Wirtschaftsförderungsbüro“. Zumindest für AfD-Verhältnisse wirkt Seyfert in der BVV oft relativ moderat. Doch seine Kritiker aus anderen Parteien werfen ihm beispielsweise fremdenfeindliche Postings bei Twitter vor und ließen ihn bei den Wahlen zum BVV-Vorstand durchfallen.
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ist eine Art „Parlament des Bezirks“, ihrre Mitglieder sind die direkt gewählten Volksvertreter auf Bezirksebene. Als echtes parlamentarisches Gremium gilt sie aber nicht. In der Berliner Verfassung wird sie als „Organ der bezirklichen Selbstverwaltung“ bezeichnet.
Die politische Führung des Bezirkes übernimmt nicht die BVV, sondern das Bezirksamt – bestehend aus Bezirksbürgermeister:innen, Stadträt:innen sowie deren Dezernaten. Zu den Aufgaben der BVV gehört unter anderem dessen Kontrolle.
Der Bezirksbürgermeister oder die Bezirksbürgermeisterin wird von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Eine Amtszeit endet in der Regel mit dem Ende der Wahlperiode des Berliner Abgeordetenhauses. Er oder sie kann aber auch vorher durch eine Zweidrittelmehrheit von der BVV abberufen werden. Es wird außerdem stets ein Stellvertreter durch die BVV gewählt.
Jede Bezirksverordnetenversammlung der zwölf Berliner Bezirke hat in der Regel 55 Mitglieder.
Ein Sitz ist ein Ehrenamt. Es gibt jedoch eine Aufwandsentschädigung. Sie beträgt laut Gesetz 15 Prozent der Diäten der Abgeordnetenhausmitglieder und ist steuerfrei. Aktuell sind das 937 Euro pro Monat. Hinzu kommen einzelne Zuschläge wie Sitzungsgelder. Für jede Plenarsitzung bekommen die BVV-Abgeordneten 31 Euro, für jede Ausschusssitzung 20 Euro. Obendrauf kommen Fahrtkostenzuschüsse von 41 Euro pro Monat.
Jede BVV muss mindestens alle zwei Monate tagen.
Die Bezirksverordnetenversammlung bestimmt die „Grundlinien der Verwaltungspolitik des Bezirks“, heißt es im Gesetz. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört die Wahl des oder der Bezirksbürgermeister:in sowie die Wahl der Stadträt:innen als Teile des Bezirksamts. Neben der Wahl der Mitglieder des Bezirksamt besetzt die BVV außerdem weitere ehrenamtliche Positionen per Wahl, beispielsweise Bürgerdeputierte, Schöffen, ehrenamtliche Richter:innen, Patientenfürsprecher:innen.
Laut Gesetz hat die BVV außerdem die Aufgabe, „Verwaltungshandeln des Bezirksamts anzuregen (Initiativrecht) und zu kontrollieren (Kontrollrecht). Außerdem kann sie über alle Angelegenheiten vom Bezirksamt jederzeit Auskunft verlangen (Auskunftsrecht).“ Die BVV kann Entscheidungen des Bezirksamts aufheben. Dafür muss die Mehrheit der Mitglieder für eine Aufhebung stimmen, etwa wenn das Bezirksamt sich nicht an Vorgaben hält, die von der BVV zuvor gemacht wurden. Der Beschluss kann dann durch eigene Beschlüsse ersetzt werden.
Neben der Wahl des Bezirksamtes kann die BVV vor allen zu folgenden Bereichen Entscheidungen treffen:
- dem Haushaltsplan des Bezirkes. Im Anschluss muss dieser allerdings noch im Rahmen des Berliner Haushaltsgesetz genehmigt werden. - der Verwendung von Sondermitteln. Diese können im Bezirk ansässige Vereine und Verbände für bestimmte Projekte beantragen, etwa Sportvereine für ihre Ausstattung. - Rechtsverordnungen im baurechtlichen Bereich, zum Beispiel Bebauungspläne oder Landschaftspläne. - der Investitionsplanung im Bezirk - Kauf und Verkauf von Beteiligungen des Bezirks an privatrechtlichen Unternehmen - Gründung, Übernahme oder Auflösung bezirklicher Einrichtungen oder deren Übertragung an private Träger in ihren Aufgabenbereich - Beschlüsse zur bezirklichen Jugendhilfeplanung
Die Bezirksversammlungen sind so alt wie die Stadt Groß-Berlin, die wir heute kennen. Als 1920 per Gesetz die neue Stadtgemeinde Berlin geschaffen wurde, wurden sieben Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke zu einer neuen Verwaltungseinheit zusammengefasst.
Da einige dieser Kommunen den Verlust ihrer Selbstbestimmung befürchteten, versuchte man, diesem entgegen zu wirken. So erhielt Berlin eine zweigliedrige Verwaltung – mit einem Magistrat, dem heutigen Senat, und 20 Bezirken. Seit 2001 gibt es noch zwölf Bezirke in Berlin.
Die Ergebnisse der vergangenen BVV-Wahlen unterschieden sich nicht nur für jeden Bezirk vom Ausgang der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Auch die Bezirke untereinander haben teilweise sehr unterschiedliche Stimmverhältnisse erreicht.
Die BVV wird immer gemeinsam mit dem Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, ist also an die Wahlperiode von fünf Jahren gekoppelt. Endet die Wahlperiode des Abgeordenetenhauses früher, etwa durch vorzeitige Auflösung, so endet die Wahlperiode der BVVen automatisch ebenfalls vorzeitig.
Nein. Die Fünf-Prozent-Hürde wurde bei BVV-Wahlen durch ein Urteil des Berliner Landesverfassungsgerichts für verfassungswidrig erklärt. Das Abgeordetenhaus führte daraufhin eine Drei-Prozent-Hürde ein, die bis heute gilt.
Anders als bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus dürfen bei den BVV-Wahlen nicht nur deutsche Staatsangehörige wählen, sondern auch Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten mit gemeldetem Wohnsitz in Berlin. Seit Oktober 2005 beträgt das Mindestalter 16 und nicht wie sonst 18 Jahre.
Die Bezirksverordentenversammlung wird in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl gewählt. Wählende haben eine Stimme. Es handelt sich um eine Verhältniswahl. Das heißt, dass die Mandate nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen auf die Parteien verteilt werden. Eine Direktwahl gibt es nicht.