Frank Bewig ist der Favorit in Spandau. Er will Bürgermeister werden und ist bislang der einzige Stadtratskandidat der CDU. Er ist in Staaken geboren, war früher Basketball-Jugentrainer beim SC Siemensstadt, hat für CDU-Boss Kai Wegner im Bundestag gearbeitet und ist seit 2014 Stadtrat in Spandau - zuletzt in den Top-Ressorts: Verkehr, Bauen, Gesundheit. Gilt als fleißig, Teamplayer, kann mit den Grünen (besser als mit der SPD).SPD.
Carola Brückner ist die stille Überraschung in Spandau. Die Kladowerin will Bürgermeisterin werden und ist bislang die einzige Stadtratskandidatin der SPD – und, pssst!, sollte eigentlich als Top-Expertin eine andere Aufgabe bekommen: Sie ist Referatsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und war daher als Sozialstadträtin eingeplant.
Doch dann sagte der eigentliche SPD-Bürgermeisterkandidat ab: Corona. Jetzt also Brückner. Sie wäre die 1. Frau im Rathaus - nach 100 Bürgermeistern.
Andreas Otti, 52, ist der einzige Stadtratskandidat der AfD. Seine Interessen: „katholische Soziallehre“. Sein Ex-Arbeitgeber: die Luftwaffe (hat ihre Kommandozentrale in Spandau). Der Kladower ist seit 2016 Stadtrat in zwei völlig unterschätzten Ressorts: Umwelt- und vor allem Gebäudemanagement.
Doch bei Bezirksbaustellen hakt es. Schwächen werden Otti auch in der Bürgerkommunikation nachgesagt. Immerhin: Mit billiger Hetze ist Otti bisher nicht aufgefallen. Im Rathaus sagen sie: Er fällt auch sonst nicht groß auf.
Oliver Gellert ist der einzige Stadtratskandidat der Grünen. Seine Leidenschaft: „Ich mag Mathe.“ Und Hertha BSC (pssst, er war sogar mal Ordner). Beruflich ist er Geschäftsführer der Schreberjugend und interessiert sich daher für Zahlen und Jugendarbeit.
Ruhiger Typ, stellt nie sich in den Mittelpunkt und verteufelt auch keine Autofahrer. Gellert ist Fraktionschef der Grünen, will lieber konkret im Bezirk als im Abgeordnetenhaus arbeiten und kann gut mit der CDU (auch privat). Aufgewachsen am Rand von Haselhorst.
Matthias Unger ist der Fraktionschef der FDP in der BVV und damit das Gesicht der Liberalen im Rathaus Spandau – und möglicher Stadtratskandidat (offiziell gibt es keinen). Er lebt in Hakenfelde, ist selbstständiger Makler, Hausverwalter und hat ein Faible für Hertha und den SC Staaken („meine Kindheitsklubs“), für Wirtschaft, Bauen und Schule. Hier kennt er auch die andere Perspektive: Er war selbst lange im Elternförderkreis einer Grundschule aktiv.
Die FDP ist in Spandau nicht zu unterschätzen: 2016 kam sie an der Heerstraße und in Kladow und Gatow auf über 11 Prozent. Und sie verhalf dem SPD-Bürgermeister 2016 an die Macht: Ohne die FDP hätte in der Zählgemeinschaft eine Stimme gefehlt.
Lars Leschewitz, 35, ist als Fraktionschef der Top-Mann der Linken im Rathaus und wäre möglicher Stadtratskandidat (offiziell gibt es keinen). Er ist Politikwissenschaftler, arbeitet im Büro der Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer. Verheiratet ist Leschewitz mit Franziska Leschewitz, die im Abgeordnetenhaus sitzt. Er fällt nicht mit billigen Sprüchen auf, ist kein Schwätzer: Norddeutscher halt – geboren in Rendsburg.
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ist eine Art „Parlament des Bezirks“, ihrre Mitglieder sind die direkt gewählten Volksvertreter auf Bezirksebene. Als echtes parlamentarisches Gremium gilt sie aber nicht. In der Berliner Verfassung wird sie als „Organ der bezirklichen Selbstverwaltung“ bezeichnet.
Die politische Führung des Bezirkes übernimmt nicht die BVV, sondern das Bezirksamt – bestehend aus Bezirksbürgermeister:innen, Stadträt:innen sowie deren Dezernaten. Zu den Aufgaben der BVV gehört unter anderem dessen Kontrolle.
Der Bezirksbürgermeister oder die Bezirksbürgermeisterin wird von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Eine Amtszeit endet in der Regel mit dem Ende der Wahlperiode des Berliner Abgeordetenhauses. Er oder sie kann aber auch vorher durch eine Zweidrittelmehrheit von der BVV abberufen werden. Es wird außerdem stets ein Stellvertreter durch die BVV gewählt.
Jede Bezirksverordnetenversammlung der zwölf Berliner Bezirke hat in der Regel 55 Mitglieder.
Ein Sitz ist ein Ehrenamt. Es gibt jedoch eine Aufwandsentschädigung. Sie beträgt laut Gesetz 15 Prozent der Diäten der Abgeordnetenhausmitglieder und ist steuerfrei. Aktuell sind das 937 Euro pro Monat. Hinzu kommen einzelne Zuschläge wie Sitzungsgelder. Für jede Plenarsitzung bekommen die BVV-Abgeordneten 31 Euro, für jede Ausschusssitzung 20 Euro. Obendrauf kommen Fahrtkostenzuschüsse von 41 Euro pro Monat.
Jede BVV muss mindestens alle zwei Monate tagen.
Die Bezirksverordnetenversammlung bestimmt die „Grundlinien der Verwaltungspolitik des Bezirks“, heißt es im Gesetz. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört die Wahl des oder der Bezirksbürgermeister:in sowie die Wahl der Stadträt:innen als Teile des Bezirksamts. Neben der Wahl der Mitglieder des Bezirksamt besetzt die BVV außerdem weitere ehrenamtliche Positionen per Wahl, beispielsweise Bürgerdeputierte, Schöffen, ehrenamtliche Richter:innen, Patientenfürsprecher:innen.
Laut Gesetz hat die BVV außerdem die Aufgabe, „Verwaltungshandeln des Bezirksamts anzuregen (Initiativrecht) und zu kontrollieren (Kontrollrecht). Außerdem kann sie über alle Angelegenheiten vom Bezirksamt jederzeit Auskunft verlangen (Auskunftsrecht).“ Die BVV kann Entscheidungen des Bezirksamts aufheben. Dafür muss die Mehrheit der Mitglieder für eine Aufhebung stimmen, etwa wenn das Bezirksamt sich nicht an Vorgaben hält, die von der BVV zuvor gemacht wurden. Der Beschluss kann dann durch eigene Beschlüsse ersetzt werden.
Neben der Wahl des Bezirksamtes kann die BVV vor allen zu folgenden Bereichen Entscheidungen treffen:
- dem Haushaltsplan des Bezirkes. Im Anschluss muss dieser allerdings noch im Rahmen des Berliner Haushaltsgesetz genehmigt werden. - der Verwendung von Sondermitteln. Diese können im Bezirk ansässige Vereine und Verbände für bestimmte Projekte beantragen, etwa Sportvereine für ihre Ausstattung. - Rechtsverordnungen im baurechtlichen Bereich, zum Beispiel Bebauungspläne oder Landschaftspläne. - der Investitionsplanung im Bezirk - Kauf und Verkauf von Beteiligungen des Bezirks an privatrechtlichen Unternehmen - Gründung, Übernahme oder Auflösung bezirklicher Einrichtungen oder deren Übertragung an private Träger in ihren Aufgabenbereich - Beschlüsse zur bezirklichen Jugendhilfeplanung
Die Bezirksversammlungen sind so alt wie die Stadt Groß-Berlin, die wir heute kennen. Als 1920 per Gesetz die neue Stadtgemeinde Berlin geschaffen wurde, wurden sieben Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke zu einer neuen Verwaltungseinheit zusammengefasst.
Da einige dieser Kommunen den Verlust ihrer Selbstbestimmung befürchteten, versuchte man, diesem entgegen zu wirken. So erhielt Berlin eine zweigliedrige Verwaltung – mit einem Magistrat, dem heutigen Senat, und 20 Bezirken. Seit 2001 gibt es noch zwölf Bezirke in Berlin.
Die Ergebnisse der vergangenen BVV-Wahlen unterschieden sich nicht nur für jeden Bezirk vom Ausgang der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Auch die Bezirke untereinander haben teilweise sehr unterschiedliche Stimmverhältnisse erreicht.
Die BVV wird immer gemeinsam mit dem Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, ist also an die Wahlperiode von fünf Jahren gekoppelt. Endet die Wahlperiode des Abgeordenetenhauses früher, etwa durch vorzeitige Auflösung, so endet die Wahlperiode der BVVen automatisch ebenfalls vorzeitig.
Nein. Die Fünf-Prozent-Hürde wurde bei BVV-Wahlen durch ein Urteil des Berliner Landesverfassungsgerichts für verfassungswidrig erklärt. Das Abgeordetenhaus führte daraufhin eine Drei-Prozent-Hürde ein, die bis heute gilt.
Anders als bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus dürfen bei den BVV-Wahlen nicht nur deutsche Staatsangehörige wählen, sondern auch Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten mit gemeldetem Wohnsitz in Berlin. Seit Oktober 2005 beträgt das Mindestalter 16 und nicht wie sonst 18 Jahre.
Die Bezirksverordentenversammlung wird in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl gewählt. Wählende haben eine Stimme. Es handelt sich um eine Verhältniswahl. Das heißt, dass die Mandate nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen auf die Parteien verteilt werden. Eine Direktwahl gibt es nicht.