Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski will auch künftig im Rathauschefin-Sessel Platz nehmen – gerne würde sie ihre erste Amtszeit als Bürgermeisterin verlängern. Bereits im letzten Oktober haben 75,1 Prozent der CDU-Mitglieder die Juristin für das Rennen um die Amtskette nominiert. Die 59-Jährige ist ein Zehlendorfer Urgestein: Abitur am Droste-Hülshoff-Gymnasium, Jura-Studium an der Freien Universität – und dann 1991 der erste Job im Staatsdienst, zuletzt sogar in Neukölln. In Steglitz war sie sieben Jahre lang Bezirksverordnete, 1992 wurde sie Mitglied des Abgeordnetenhauses – und seit 2006 ist sie Stadträtin.
Dass sie zehn Jahre lang für Bildung und Kultur zuständig war, merkt man im Gespräch schnell: Über die Entwicklung und die Probleme der Schulen weiß sie Bescheid. Als Bürgermeisterin – da war dann schon Frank Mückisch (CDU) amtierender Bildungsstadtrat – schien sie nicht nur ihre Ressorts Finanzen, Personal und Stadtentwicklung zu führen, sondern auch noch Schatten-Schuldezernentin zu sein. Was sie antreibt: Mit dem Neubau des Rathauses Zehlendorf will sie Zeichen für die Zukunft setzen; das Projekt ist Chefinnen-Sache. Auch der Baubeginn für etwa 2.500 Wohnungen in Lichterfelde-Süd wird erst in die kommende Wahlperiode fallen – sie will als Bürgermeisterin den ersten Spatenstich für die neue Kleinstadt führen.
Carolina Böhm ist in Spanien geboren, 1966 in Aviles – über Düsseldorf zog sie für das Politik-Studium an der Freien Universität 1985 nach Berlin. Seit 2017 ist sie Stadträtin für Gesundheit, Jugend und Integration. Die Pandemie hat der Gesundheitsstadträtin zwar dunkle Ringe unter die Augen gezeichnet, zugleich hat Carolina Böhm aber bisher die größte Bewährungsprobe ihrer Amtszeit gut gemeistert. Die Bezirksverordneten zollten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamts und der Stadträtin parteiübergreifend Respekt und Anerkennung. Krisenmanagement kann sie.
Im Jugendbereich setzt sich Carolina Böhm für mehr Gehör für Kinder und Jugendliche ein, die Förderung von Mädchen und jungen Frauen ist ihr ein Herzensanliegen. Was auch an ihrem früheren Job liegen wird: Von 2015 an war sie Gleichstellungsbeauftragte in Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Blick über die Bezirksgrenze hat sich gehalten, immer noch ist sie Mitglied im Heimatverein – und zwar des Nachbarbezirks. Jetzt will sie Bezirksbürgermeisterin werden.
Maren Schellenberg ist aktuell nicht nur Stadträtin für Bau, Umwelt, Immobilien und Informationstechnik – seit dem Ausscheiden von CDU-Stadtrat Frank Mückisch ist die 59-Jährige auch Bildungsstadträtin. Seit 2016 ist die Rechtsanwältin als Dezernentin tätig, zuvor war sie zehn Jahre lang Bezirksverordnete in Steglitz-Zehlendorf. Jetzt haben sie die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen für das höchste Amt im Bezirk nominiert: Sie soll Bürgermeisterin werden und Cerstin Richter-Kotowski beerben.
Klimaschutz, faires Wirtschaften, mehr Grün schaffen, Schulen und Radanlagen sanieren – all das sind Themen, bei denen sie sich in den nächsten fünf Jahren profilieren könnte. In der grünen Parteizeitung schrieb sie jüngst: „Ich möchte gerne den Bezirk als Bürgermeisterin anführen oder noch weitere fünf Jahre Stadträtin bleiben mit und für die Bürgerinnen und Bürger dieses Bezirks, für die Jungen, die Alten und für alle dazwischen.“ Ihr Motto könnte ihr dabei helfen. Es lautet: „Ein bisschen Gelassenheit macht das Leben leichter.“ Maren Schellenberg stammt aus Stuttgart, 1962 wurde sie dort geboren, 1987 kam sie nach Berlin. Ihre Wurzeln pflegt sie: Sie ist Mitglied im Verein “Baden-Württemberger in Berlin”.
Pia Imhof-Speckmanns Lieblingsthema ist das Wohnungsbauprojekt in Lichterfelde-Süd. Die Spitzenkandidatin der Linken wünscht sich eine moderate Stadtentwicklung mit mehr sozialem Wohnungsbau. Statt 2.500 würden allerdings auch 1.500 Wohneinheiten insgesamt ausreichend sein. Kaltluftschneisen sollten nicht zugebaut, die Lichterfelder Weidelandschaft unter Schutz gestellt werden. „Es muss endlich Schluss sein damit, dass der Profitgier der Investoren Vorrang eingeräumt wird vor den berechtigten Interessen der Bewohner:innen!“, schreibt die Sozialpädagogin, die 1964 in Mainz geboren wurde: „Das gilt in Lichterfelde Süd und im Kranoldkiez genauso!“
Pia Imhof-Speckmann wäre neu in der BVV – und hat doch bereits Rathaus-Erfahrungen gesammelt: Sie arbeitet für die Linksfraktion in Steglitz-Zehlendorf und ist Mitglied im Vorstand des Bezirksverbands.
Mathia Specht-Habbel, Jahrgang 1957, ist seit Dezember 2019 die Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion in der BVV Steglitz-Zehlendorf. Zudem ist sie sowohl stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbands als auch des Landesverbands. In der Stadtplanung und Baupolitik kennt sich die Lichterfelderin – sie ist in Ludwigshafen groß geworden – aus, sie ist Diplom-Ingenieurin für Hochbau.
Doch ihre große Leidenschaft ist das Themenfeld Schule, Bildung und Kultur: Aktuell ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Kultur. Bevor sie 2016 in die BVV gewählt wurde, war die Mutter von drei Kindern zwölf Jahre lang in der Gesamtelternvertretung des Bezirks tätig.
Peer Lars Döhnert, der amtierende Fraktionsvorsitzende in der BVV, ist auch der Spitzenkandidat der AfD Steglitz-Zehlendorf für die Wahl im September. „Wir sehen unsere Arbeit als einzige echte Oppositionspartei in der BVV durch die Wahl bestätigt”, sagte der 48-Jährige nach seiner Nominierung.
Der gebürtige Steglitzer lernte erst Bauzeichner, dann studierte er Architektur. Heute arbeitet er als „leitender Angestellter in der Medienbranche".
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ist eine Art „Parlament des Bezirks“, ihrre Mitglieder sind die direkt gewählten Volksvertreter auf Bezirksebene. Als echtes parlamentarisches Gremium gilt sie aber nicht. In der Berliner Verfassung wird sie als „Organ der bezirklichen Selbstverwaltung“ bezeichnet.
Die politische Führung des Bezirkes übernimmt nicht die BVV, sondern das Bezirksamt – bestehend aus Bezirksbürgermeister:innen, Stadträt:innen sowie deren Dezernaten. Zu den Aufgaben der BVV gehört unter anderem dessen Kontrolle.
Der Bezirksbürgermeister oder die Bezirksbürgermeisterin wird von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Eine Amtszeit endet in der Regel mit dem Ende der Wahlperiode des Berliner Abgeordetenhauses. Er oder sie kann aber auch vorher durch eine Zweidrittelmehrheit von der BVV abberufen werden. Es wird außerdem stets ein Stellvertreter durch die BVV gewählt.
Jede Bezirksverordnetenversammlung der zwölf Berliner Bezirke hat in der Regel 55 Mitglieder.
Ein Sitz ist ein Ehrenamt. Es gibt jedoch eine Aufwandsentschädigung. Sie beträgt laut Gesetz 15 Prozent der Diäten der Abgeordnetenhausmitglieder und ist steuerfrei. Aktuell sind das 937 Euro pro Monat. Hinzu kommen einzelne Zuschläge wie Sitzungsgelder. Für jede Plenarsitzung bekommen die BVV-Abgeordneten 31 Euro, für jede Ausschusssitzung 20 Euro. Obendrauf kommen Fahrtkostenzuschüsse von 41 Euro pro Monat.
Jede BVV muss mindestens alle zwei Monate tagen.
Die Bezirksverordnetenversammlung bestimmt die „Grundlinien der Verwaltungspolitik des Bezirks“, heißt es im Gesetz. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört die Wahl des oder der Bezirksbürgermeister:in sowie die Wahl der Stadträt:innen als Teile des Bezirksamts. Neben der Wahl der Mitglieder des Bezirksamt besetzt die BVV außerdem weitere ehrenamtliche Positionen per Wahl, beispielsweise Bürgerdeputierte, Schöffen, ehrenamtliche Richter:innen, Patientenfürsprecher:innen.
Laut Gesetz hat die BVV außerdem die Aufgabe, „Verwaltungshandeln des Bezirksamts anzuregen (Initiativrecht) und zu kontrollieren (Kontrollrecht). Außerdem kann sie über alle Angelegenheiten vom Bezirksamt jederzeit Auskunft verlangen (Auskunftsrecht).“ Die BVV kann Entscheidungen des Bezirksamts aufheben. Dafür muss die Mehrheit der Mitglieder für eine Aufhebung stimmen, etwa wenn das Bezirksamt sich nicht an Vorgaben hält, die von der BVV zuvor gemacht wurden. Der Beschluss kann dann durch eigene Beschlüsse ersetzt werden.
Neben der Wahl des Bezirksamtes kann die BVV vor allen zu folgenden Bereichen Entscheidungen treffen:
- dem Haushaltsplan des Bezirkes. Im Anschluss muss dieser allerdings noch im Rahmen des Berliner Haushaltsgesetz genehmigt werden. - der Verwendung von Sondermitteln. Diese können im Bezirk ansässige Vereine und Verbände für bestimmte Projekte beantragen, etwa Sportvereine für ihre Ausstattung. - Rechtsverordnungen im baurechtlichen Bereich, zum Beispiel Bebauungspläne oder Landschaftspläne. - der Investitionsplanung im Bezirk - Kauf und Verkauf von Beteiligungen des Bezirks an privatrechtlichen Unternehmen - Gründung, Übernahme oder Auflösung bezirklicher Einrichtungen oder deren Übertragung an private Träger in ihren Aufgabenbereich - Beschlüsse zur bezirklichen Jugendhilfeplanung
Die Bezirksversammlungen sind so alt wie die Stadt Groß-Berlin, die wir heute kennen. Als 1920 per Gesetz die neue Stadtgemeinde Berlin geschaffen wurde, wurden sieben Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke zu einer neuen Verwaltungseinheit zusammengefasst.
Da einige dieser Kommunen den Verlust ihrer Selbstbestimmung befürchteten, versuchte man, diesem entgegen zu wirken. So erhielt Berlin eine zweigliedrige Verwaltung – mit einem Magistrat, dem heutigen Senat, und 20 Bezirken. Seit 2001 gibt es noch zwölf Bezirke in Berlin.
Die Ergebnisse der vergangenen BVV-Wahlen unterschieden sich nicht nur für jeden Bezirk vom Ausgang der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Auch die Bezirke untereinander haben teilweise sehr unterschiedliche Stimmverhältnisse erreicht.
Die BVV wird immer gemeinsam mit dem Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, ist also an die Wahlperiode von fünf Jahren gekoppelt. Endet die Wahlperiode des Abgeordenetenhauses früher, etwa durch vorzeitige Auflösung, so endet die Wahlperiode der BVVen automatisch ebenfalls vorzeitig.
Nein. Die Fünf-Prozent-Hürde wurde bei BVV-Wahlen durch ein Urteil des Berliner Landesverfassungsgerichts für verfassungswidrig erklärt. Das Abgeordetenhaus führte daraufhin eine Drei-Prozent-Hürde ein, die bis heute gilt.
Anders als bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus dürfen bei den BVV-Wahlen nicht nur deutsche Staatsangehörige wählen, sondern auch Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten mit gemeldetem Wohnsitz in Berlin. Seit Oktober 2005 beträgt das Mindestalter 16 und nicht wie sonst 18 Jahre.
Die Bezirksverordentenversammlung wird in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl gewählt. Wählende haben eine Stimme. Es handelt sich um eine Verhältniswahl. Das heißt, dass die Mandate nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen auf die Parteien verteilt werden. Eine Direktwahl gibt es nicht.